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Nie wieder recyclete Klausuren an NRW-Hochschulen?

2020-02-17 14:56

Der Vergleichbarkeit und der, äh, Effizienz halber war es beliebt, an zwei oder sogar noch mehr Terminen aufgabenmäßig identische Klausuren zu stellen – und dann im kleinem Kreis darüber zu lästern, wenn sich eine bei beiden Malen durchgefallene Person beschwert, dass die Klausur beim zweiten Mal viel schwerer war als beim ersten.

Aber von vielen unbeachtet hat § 64 des Hochschulgesetzes NRW neuerdings ein hübsches Osterei drin: "Einsicht in die Prüfungsakten nach den einzelnen Prüfungen und die Fertigung einer Kopie oder einer sonstigen originalgetreuen Reproduktion". Also ist es nichts mehr mit der Geheimhaltung von Klausuraufgaben (wobei die ja schon bisher, Handykamera sei Dank, ins Internet diffundiert sind) – wenn diese neue Regelung auch in den Prüfungsordnungen umgesetzt wird und von den Prüflingen genutzt wird.

Kommentar vom 2020-02-17, 16:41

An der TU Wien ist das (abgesehen von Multiple Choice) ganz normal, seit immer.

Professoren, die was auf sich halten, stellen die Prüfung direkt nach dem Termin online, inklusive Lösungen. Dass die Prüfungen dadurch nicht gerade einfacher werden und man das Thema wirklich verstanden haben muss, ist ein unangenehmer Nebeneffekt (70% Durchfallquote, obwohl man davor 20 Prüfungen rechnen kann und das auch tut).
CS

Kommentar vom 2020-02-17, 17:04

@CS: In der Tat. Auch ich – mit meinen 20 Jahren an Klausuren unter CC BY-NC-SA im Netz – sehe, dass der Effekt davon kompliziert ist. Dass die Klausuren fachlich schwieriger werden, ist nur ein Aspekt. Sie verleiten außerdem zum Auswendiglernen (auch unwillentlich), geben die Illusion des Könnens (weil man die Aufgabe nicht oder nicht ganz löst, sondern zu schnell in der Musterlösung nachsieht) und verleiten zum strategischen "Lernen" (Welches Thema war denn die letzten Male nicht dran?) sowie zur Prokrastination (Zum "Lernen" reicht es, sich in der Woche vor der Prüfung die Klausuren anzusehen?). Einen dicken Vorteil haben Altklausuren aber: Wenn überhaupt noch irgendetwas gelesen wird, dann die Altklausuren! Es hat sich schon einmal jemand beschwert, dass ich zu viele Altklausuren im Netz habe; das sei nicht zu schaffen. J.L.

Kommentar vom 2020-02-17, 23:19

Dazu eine nette Anekdote, die mir aus einer deutschen Universität zugetragen wurde. Kurz vor der Sommerpause und der Prüfungszeit stellt der Oberassistent Aufgaben für eine Prüfungsklausur zusammen, legt diese nebst einer Begleitnotiz seinem Professor, der gerade auf Dienstreise ist, ins Postfach im Sekretariat und fährt selbst in den Urlaub. Die Begleitnotiz geht verloren. Der Professor kommt von der Reise zurück, findet die Aufgaben und freut sich, dass der Assistent ihm noch mal ein paar Wiederholungsaufgaben für die letzte Lehrveranstaltung zusammengestellt hat, rechnet die Aufgaben vor den Studierenden vor, packt den Aufgabenzettel mit einem Vermerk "alles prima" zurück ins Postfach und fährt selbst in den Urlaub. Der Assistent kommt aus dem Urlaub zurück, weiß nichts von der letzten Lehrveranstaltung, und stellt den Studierenden in der Klausur exakt die gleichen Aufgaben, weil ja "alles prima" ist. Wie immer fallen 60 % der Studierenden durch. Keine Pointe. (M.M.)

Kommentar vom 2020-02-17, 23:27

Das öffnet dem Assistenten die Augen. Er beschließt, den langjährigen Bitten seiner Studierenden nachzugeben und im nächsten Jahr seinen gesamten Klausuraufgabenkatalog mit etwa 200 Aufgaben frei zum Lernen zur Verfügung zu stellen. Er gibt ebenso den Hinweis bekannt, dass die Klausur aus 9 bis 10 Aufgaben aus genau diesem Katalog bestehen wird.
Effekte:
- Teilnahmequote an der Vorlesung sinkt immens
- Teilnahmequote an den Übungen sinkt ebenso, aber nicht so stark
- viele Studierenden fühlen sich trotzdem sicher und in einer komfortablen Position, weil die Prüfungsaufgaben ja bekannt sind und man diese ja "nur lernen" bräuchte
- die Durchfallquote in der Prüfung steigt auf ca. 75% (M.M.)

Kommentar vom 2020-02-17, 23:33

@M.M.: Ja, der erste Teil hört sich in der Tat erschreckend plausibel an, weil ich regelmäßig von Kollegen landauf, landab erfahre, dass Aufgaben, die 1:1 im Seminar drangewesen sind, in Klausuren massive Probleme bereiten können. Und der zweite Teil ist haargenau, was ich selbst erlebe (mit den Altklausuren und obendrein noch den Videos). J.L.

Kommentar vom 2020-02-25, 19:23

Unter welchen Umständen sinkt denn eine Durchfallquote auf unter 50%?

Kommentar vom 2020-02-25, 21:32

@Kommentator(in) von 19:23: Na ja, zum Beispiel dann, wenn man als Prüfer so wenig Mumm in den Knochen hat wie ich. Von Unis kenne ich als Alternative dazu, dass man mit in Gruppen abzugebenden Übungszetteln auf eine 4,0 kommt. J.L.

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