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Die Blog-Postings sind Kommentare im Sinne von § 6 Abs. 1 MStV. Der Verfasser ist Jörn Loviscach, falls jeweils nicht anders angegeben. Die Blog-Postings könnten Kraftausdrücke, potenziell verstörende Tatsachenbehauptungen und/oder Darstellungen von Stereotypen enthalten. Die Beiträge der vergangenen Wochen werden als Bestandteil der Internet-Geschichte in ihrer ursprünglichen Form gezeigt. Menschliche Autor*innen können unzutreffende Informationen über Personen, Orte oder Fakten liefern.

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Was uns sonst noch so umbringt

2020-03-19 10:04

Der Live-Ticker Worldometer regt zum Denken an. Ich empfehle zum Beispiel die Zeilen "People who died of hunger today" und "Money spent for obesity related diseases in the USA today". (Das steht beides in der Tabelle direkt untereinander, komisch?!) Weiter unten ist auch vieles spannend, etwa "Deaths caused by smoking this year", "Deaths caused by alcohol this year", "Suicides this year", "Road traffic accident fatalities this year".

À propos. Wie sich der Lockdown wohl auf die Zahl der Verkehrstoten auswirkt? Bei uns hier sind die Straßen so leer wie sonst am Karfreitag, sogar einem ohne Autorennen.

Und für den Lebensweltbezug der Mathe-1-Veranstaltung gibts hier eine Umschaltung zwischen linearer und logarithmischer Skala: Total Coronavirus Deaths.

In other news: A regional nuclear conflict would compromise global food security.

[Nachtrag um 16:43, weil Leute in diesen Text hineinlesen, was sie hineinlesen wollen: Ich habe darauf hingewiesen, dass es hohe Zahlen an anderen Todesfällen gibt, gegen die die Politik keine solche massiven Maßnahmen ergreift. Bin ich der Einzige, der sich fragt, ob sie das nicht auch dort tun müsste? Außerdem habe ich eine ganz schlichte, nicht rhetorisch gemeinte Frage gestellt: Wie wird sich der Lockdown auf die Zahl der Verkehrstoten auswirken?]

Kommentar vom 2020-03-19, 13:28

Was will uns dieser Beitrag sagen? Dass eine weltweite Überlastung der Gesundheitssysteme nicht so schlimm ist, weil ja ohnehin ständig Menschen sterben? Dass wir uns zuvörderst um Alkohol und Tabak kümmern sollten, weil da auch exponentielles Wachstum droht? Dass wir Corona als Strafe jenes höheren Wesens, das wir verehren, geduldig hinnehmen sollten, weil wir es zugelassen haben, dass Menschen verhungern? Bin ratlos ...

Kommentar vom 2020-03-19, 15:13

@Kommentator(in) von 13:28: Das mit dem strawman müssen wir aber noch mal üben, denn so offensichtlich angewendet reicht er nur für Twitter, TV-Diskussionsrunden und Parlamente. Etwas mehr Phantasie bitte! J.L.

Kommentar vom 2020-03-19, 16:11

Klarer Fall von Whataboutism 😉. (M.M.)

Kommentar vom 2020-03-19, 16:49

Siehe meinen Nachtrag. J.L.

Kommentar vom 2020-03-19, 20:51

Danke, ich fand den Text schon bedeutend. Der Grund für diese massiven Interventionen, die, wie Sie aufzeigen, eben nicht bei Hunger, adipositösen Begleiterkrankungen oder auch Malaria gemacht werden, lässt sich durch die soziale Stratifizierung der wahrscheinlichen Opfer erklären und den Schrecken, dass die Epidemie nun in einem der reichsten Gebiete der Welt pandemisch werden konnte, ohne dass Ratio und Logos diese aufzuhalten vermochten.

Kommentar vom 2020-03-19, 21:33

Nochmal zu dem Punkt aus Ihrem Eingangspost: "'People who died of hunger today' und 'Money spent for obesity related diseases in the USA today'. (Das steht beides in der Tabelle direkt untereinander, komisch?!)" Nein, realistisch: Sozialmedizinisch ist es so, dass die soziale Stratifikation derart verläuft, dass sowohl sehr arme Menschen, die sich nicht genug Kalorien leisten können, und arme Menschen, die sich nur die falschen Kalorien, billige Zucker-Kohlehydrate und Fette leisten können, meist aus den untersten Schichten kommen. [Einige Sätze gestrichen, J.L.] Hierzulande ist Wohlstandsbauch im Zuge der neoliberalen Fitnesskultur zum verachtenswerten Manko geworden und markiert auch an der Uni als zumindest leicht deviant.

Kommentar vom 2020-03-20, 13:58

Verkehrstote sind normal. Coronatote sind neu.

Kommentar vom 2020-03-20, 21:16

Der erste Kommentar war ein strawman, aber Ihr Nachtrag von 16:43 war ernst gemeint? Warum "die Politik" z.B. gegen Tabakmissbrauch und Verkehrstote nicht solche massiven Maßnahmen ergreift? Könnte es sein, dass es daran liegt, dass diese massiven Maßnahmen innerhalb kurzer Zeit große Teile der Wirtschaft an den Rand des Kollaps bringen? Und ein Zusammenbruch des Gesundheitssystems aufgrund der exponentiell ansteigenden Anzahl der Infizierten vielleicht sogar noch verheerendere Folgen hätte? (Man werfe einen Blick nach Italien.) Man kann nicht einfach Verkehrstote gegen Coronatote verrechnen. Wenn wir "nur" mit 3000 weiteren Toten schön über das Jahr verteilt rechnen müssten, wäre die Reaktion sicher eine andere. Da ich nicht glauben kann, dass Ihnen dieser Unterschied nicht klar ist, scheint mir die Frage absichtlich dumm gestellt, sorry. Und dass die Politik in Bezug auf Tabakkonsum und Verkehrstote nicht tatenlos ist, zeigt ein Vergleich der heutigen Zahlen mit z.B. 1990.

Kommentar vom 2020-03-20, 21:58

@Kommentator(in) von 21:16: Das ist noch ein Strawman. Ich habe keine Zahlen von Todesopfern "verrechnet" (und erst recht nicht mit dem Florieren der Wirtschaft verrechnet), sondern darauf hingewiesen, dass diese Zahlen hoch sind. Aber wenn wir nun schon beim Verrechnen sind, dann bitte korrekt: 3000, Jahr um Jahr. Und es ging um weltweite Statistiken, nicht nur um Deutschland; wir reden also von mehr als einer Million Menschenleben jedes Jahr. J.L.

Kommentar vom 2020-03-23, 09:16

Ungeschützte Kassiererinnen, zu denen von Seite der Einkaufenden ein gegenseitiger Abstand nicht möglich ist, werden vermutlich zu den hoffentlich nicht allzu sehr leidenden Hauptvektorinnen. Amazon und diverse andere Einzel- und Großhändler zwingen lohnarbeitende Menschen in der pandemischen Situation, sich täglichen Bahn- und Busfahrten auszusetzen, wenn sie selbst bei nicht systemrelevanten geschlossenen Läden zur Inventur antreten müssen, bei diversen Ketten, https://www.jungewelt.de/artikel/374990.douglas-h%C3%A4lt-belegschaft-knapp-knausern-in-der-krise.html. Dann beziehen Unternehmen oft auch noch Staatshilfen und Zuschüsse, Kurzarbeitergeld. Das home schooling fur die kids fällt auch dadurch aus. Und seit wann sind Baumärkte eigentlich systemrelevant?

Kommentar vom 2020-03-23, 10:46

@Kommentator(in) von 09:16: Die Baumärkte sind substanziell für die Moral der Eigenheimbesitzenden. Außerdem muss unsereins das Saatgut für die angesagte Subsistenzwirtschaft kaufen. J.L.

Kommentar vom 2020-03-23, 23:14

Der Mathematiker als Gärtner, das ist sicher ein interessantes Projekt. :-) Kennen Sie Permakultur? Verschiedene Pflanzen als Ensemble gesetzt, beeinflussen sich positiv durch Wechselwirkungen im Boden und der Statik.

Kommentar vom 2020-03-24, 12:44

@Kommentator(in) von 23:13: Aber sicher! J.L.

Kommentar vom 2020-03-25, 00:18

Die Zahl der Verkehrstoten geht vielleicht zurück. Aber bei mir in Bayern haben sich Nachbarn im Nebenhaus bereits am zweiten Tag der Ausgangslimitierung derart gefetzt. Nicht auszuschließen, dass da bald ein Lebenspartner als "vermisst" gemeldet wird.

Kommentar vom 2020-03-31, 20:47

Ausblick: Zumindest sind die CO2- und andere Emissionen extrem zurückgegangen. Hat jemand hier schon Evaluationen, wie sehr uns die Krise an die Zeile des Pariser Abkommens annähert? Und streng geschützte Wildtiere wird in Zukunft auch niemand mehr so gerne essen wollen. [Letzten Satz gestrichen, weil doch arg zu morbide. J.L.]

Kommentar vom 2020-03-31, 22:11

@Kommentator(in) von 20:47: Siehe https://www.klimareporter.de/deutschland/corona-und-winter-schaffen-das-klimaziel-2020. Aber was für ein "Preis" wäre das für das Resultat. J.L.

Kommentar vom 2020-06-01, 10:53

Möglicherweise wäre das sinnvoll, das Thema "Studien zum Einfluss der Confinements zur Eindämmung der Covid-Pandemie auf den Klimawandel und die statistische Varianzbreite der Einschätzungen" abzubilden und über die nächsten Monate in einem eigenen Post weiterzuverfolgen. Falls Sie Lust haben. :-)

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