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Die Blog-Postings sind Kommentare im Sinne von § 6 Abs. 1 MStV. Der Verfasser ist Jörn Loviscach, falls jeweils nicht anders angegeben. Die Blog-Postings könnten Kraftausdrücke, potenziell verstörende Tatsachenbehauptungen und/oder Darstellungen von Stereotypen enthalten. Die Beiträge der vergangenen Wochen werden als Bestandteil der Internet-Geschichte in ihrer ursprünglichen Form gezeigt. Menschliche Autor*innen können unzutreffende Informationen über Personen, Orte oder Fakten liefern.

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Take-Home-Prüfungen crowdsourcen

2020-06-20 13:37

Ich grübele darüber nach, wie man die weltweit anstehenden Take-Home-Prüfungen (unscharf oft "Open Book" genannt) ohne rechtliche Scherereien in aller Öffentlichkeit in Echtzeit crowdsourcen kann.

Die Aufgabenstellungen zu posten, gibt ja ab einer bestimmten (wenn auch eher selten erreichten) Gestaltungshöhe Ärger mit dem Urheberrecht und vielleicht auch Ärger, wenn die Aufgabenstellung individualisiert ist und damit das Leck identifiziert werden kann. (Tipp an die Lehrenden: Auf jedem Aufgabenzettel ein paar lateinische Buchstaben durch gleichaussehende kyrillische Buchstaben ersetzen und so einen pro Studierender/n eindeutigen Code erzeugen.)

Also benötigt man einen Weg, über die Aufgabenstellungen zu reden, ohne diese wortwörtlich darzustellen. Eine erste, in den Originaltext eingeweihte Person müsste sehr schnell eine Umformulierung liefern [Nachtrag: Oder KI dafür nutzen?] und jene öffentlich machen, damit die Crowd die Aufgabe bearbeiten kann. Damit die Studierenden trotz der Umformulierung feststellen können, ob es sich um "ihre" Aufgabe handelt, könnte man einen Hash-Wert [Nachtrag: "Blockchain-Technologie" im IPO-Prospekt] der ursprünglichen Aufgabe mitliefern – aber nur einen auf wenige Bytes verkürzten, so dass immer noch eine plausible deniability bleibt. [Nachtrag: Per KI automatische Umformulierungen der Antwort bereitstellen.]

Falls Aufgaben mit verschiedenen Zahlenangaben gewürfelt werden, könnte man zunächst nichtöffentlich aus den verschiedenen Zusendungen destillieren, an welchen Stellen Zahlen gewürfelt werden, und dann eine entsprechende Umformulierung mit Variablen öffentlich crowdsourcen.

Hmmm, ich denke, ich sollte nun anfangen, das Business Model Canvas auszufüllen. Es müsste eigentlich für ein Unicorn reichen. Bei Peter Thiel sollte ich auf jeden Fall Chancen haben. (Hat da gerade jemand gefragt, wie hier Geld verdient werden soll? Ja, an der Börse, doch nicht im Unternehmen. Wir sind im 21. Jahrhundert!)

Kommentar vom 2020-06-20, 18:42

Grins, genau Börse & "Geldverdienen", da sind wir wieder mitten in den fehlgeleiteten Vorstellungen der Kleinbürger des 20. Jahrhunderts. Aber für Sie hätten vermutlich einige, die mit den JL-Videos gelernt und Matheklausuren bestanden haben, ein paar Euro übrig. Machen Sie also besser Crowdfunding. :-) Übermorgen muss ich zur Bank, Überweisungen abgeben. :-) Wenn es bis dahin eine Kontonummer gäbe, bin ich unter den ersten. :-D

Kommentar vom 2020-06-20, 19:39

@Kommentator(in) von 18:42: Überweisungen abgeben?! Vielleicht auch eine Bahnfahrkarte kaufen und zwei Filme zur Videothek zurückbringen? J.L.

Kommentar vom 2020-06-20, 20:33

Bei uns gibt es ja seit 6 Semestern das bekannte und bewährt Konzepte von personalisierten Aufgaben mit anonymem studentischen Peer Review. Alle Studierenden bekommen die gleiche Aufgabenstellung, aber z. B. ein Diagramm mit einem jeweils anderen Zeitverlauf oder ein anderes Schaltbild. Die Lösung ist meist "nach Kochrezept" zu ermitteln, schließlich musste ich es ja auch schaffen, eine algorithmierte Erstellung der ausführlichen personalisierten Musterlösungen in MATLAB und LaTeX zu programmieren. Diese Musterlösungen müssten mittlerweile natürlich auch unter den Studierenden höherer Semester kursieren. Trotzdem habe ich immer noch nicht das Gefühl, dass die Aufgaben "verbrannt" sind, weil immer noch die gleichen typischen Fehler gemacht werden (falsche Vorzeichen, falsche Einheiten, Probleme bei Lösen der Gleichungssysteme, etc.). Allerdings ist die Lösung bei uns auch nicht prüfungsrelevant, sondern dient nur der Prüfungszulassung. M.M.

Kommentar vom 2020-06-20, 20:36

Außerdem habe ich die Vermutung, dass bei einem genügend großen Pool von randomisierten/individualisierten/personalisierten Aufgaben (also z. B. mit sehr vielen verschiedenen Schaltbildern), der Aufwand auf studentischer Seite, diese entsprechend zu katalogisieren und gemeinschaftlich passende Musterlösung zu erarbeiten bzw. erarbeiten zu lassen sowie aus dem Katalog eine passende Lösung für die eigene Aufgabe zu finden, größer ist als einfach selbst eine passende Lösung zu erstellen. M.M.

Kommentar vom 2020-06-20, 21:45

Wie laufen eigentlich mündliche Online-Prüfungen ab?
Wie verhindert man, dass jemand hinter der Webcam alle Antworten bereit liegen hat?

Kommentar vom 2020-06-20, 22:02

@M.M.: Und (hier kommt mein ceterum censeo) das Contract Cheating?! Irgendwie scheinen alle Leute immer nur an das Abschreiben zu denken. Aber das ist der einfachere Teil des Problems. J.L.

Kommentar vom 2020-06-20, 22:10

@Kommentator(in) von 21:45: Wie mündliche Online-Prüfungen ablaufen, hatte ich schon aufgezeichnet. Wenn jemand alle Antworten bereit liegen haben will, braucht sie oder er einen Quadratkilometer Papier, zumindest bei mir, weil mein mentaler Fragenpool groß ist und die Fragen aus dem Zusammenhang entstehen: "Und was würde passieren, wenn hier ein Quadrat stünde?" "Sollten Sie diese Klasse abstract machen oder besser nicht?" Ich kann mir bessere Arten als einen Monster-Spickzettel vorstellen, um diese Prüfung zu faken. J.L.

Kommentar vom 2020-06-21, 18:39

Der Souffleur im Schrank ist immer noch mein Favourite. Grins. Überweisungen abzugeben ist ein ähnlich gearteter Fetisch wie das Senioren-Smarthändi, :-) nur hat man da nicht die coolste Stadtbib. und beste Eisdiele jenseits des Rio/Fluvio Po direkt neben dran, wie es bei meiner Bank der Fall ist. Dass man als Informatikprofessor bzgl. der eigenen "Computer" besonders exponiert sei (die besondere Defí macht den Reiz aus) von gewissen Studierenden gehackt zu werden, hörte ich immer.

Kommentar vom 2020-06-21, 18:51

#mentaler Fragenpool# hätte gute Chancen, zum Unwort des Jahres erkoren zu werden. ;-)

Kommentar vom 2020-06-21, 20:11

@Kommentator(in) von 18:51: Weil es für Studierende so bedrohlich klingen könnte? J.L.

Kommentar vom 2020-06-21, 21:44

Das auf keinen Fall. 🧘‍♀️ Die wenig gelungene Kombination von Worten aus drei Sprachen 🤹‍♀️ klingt eher nach der Art der Sprache, wie man imaginiert, sie im Privatfernsehen zu hören. Wieso die Dopplung der "Frage" mit mental? :-) Gäbe es auch ein nichtgeistiges Frageschwimmbecken? Außerdem ergäben die Antonyme (oder Antinome ;-) 💮!) - das ist eine etwas angestaubte Testmethode aus der Linguistik - das Ergebnis einer "ungeistigen Antworten-Trockenfläche". 🙈🦾🧟‍♀️ Welchen Sinn soll das machen, "mental" mit Frage zu kombinieren, und apropos pool, piscine - außerdem besteht Ihr Gehirn 💥💦💨👨 zwar auch aus Wasser, aber 🦹‍♀️💥💦👳‍♂️👨‍🚀👩‍🏭 eben nicht nur! 🥰 Kurzum, diese Wortschöpfung entspricht einfach und auch intuitiv vom Sprachgefühl nicht dem sonst hier anzutreffenden Sprachniveau. Puh.

Kommentar vom 2020-06-22, 23:23

Eine richtig unangenehme Metropolis-Gesellschaft in dystopischem Dauer-Zustand, in der diese Fähigkeiten und Prüfungsprocedere/Module, die Sie gerade mitentwickeln, :-/ benötigt werden, wird hier beschrieben: https://www.heise.de/tp/features/Totale-Telematik-4790095.html

Kommentar vom 2020-06-22, 23:35

@Kommentator(in) von 21:44: Ich folge einfach nur dem Fachchinesisch ㊙️ der Software, die ich hier seit einigen Wochen erklären, äh, darf und noch einige weitere Wochen erklären muss. Und wenn es einen Fragenpool in der Software 💾 gibt, muss man den Fragenpool in der Wetware 🧠 ja irgendwie begrifflich davon unterscheiden. J.L.

Kommentar vom 2020-09-13, 00:13

Hier noch ein etwas älteres Paper zum Thema "Cheating in the Digital Age: Do Students Cheat More in Online Courses?" aus dem Online Journal of Distance Learning Administration, Volume XIII, Number I, Spring 2010
University of West Georgia, Distance Education Center (M.M.):
https://www.westga.edu/~distance/ojdla/spring131/watson131.html
"This study of 635 undergraduate and graduate students at a medium sized university focused on student cheating behaviors in both types of classes (on-line and face to face), by examining cheating behavior and perceptions of whether on-line or traditional face-to-face classes experienced greater cheating behaviors."
Das Contract Cheating scheint damals aber noch kein Thema gewesen zu sein.

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