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Hochschulreform(ation)

2020-06-27 15:47

Der Bemerkung "Higher Education is like the Catholic Church on the eve of the Reformation" von Peter Thiel folgend, sinniert Donald Clark über Ähnlichkeiten zwischen der präreformatorischen katholischen Kirche und Hochschule/Hochschulsystem.

Zwei Sachen, die er (conveniently?) übersieht, sind die Bauernkriege und der Dreißigjährige Krieg. Und die Betonung von Lecture Recordings gefällt mir bekanntermaßen nicht: Lesen zu können wäre viel wichtiger und sinnvoller – zumindest, wenn es wirklich darum geht, etwas zu lernen.

Vielleicht ist das Konzept "Reformation" (die eine Institution durch eine andere ersetzen?) hier aus diversen Gründen kein gutes Rezept, sondern zu kurz gedacht? Braucht man überhaupt eine Institution? Das ist ausnahmsweise keine rhetorische Frage.

Die erste Aufgabe jeder länger existierenden Institution besteht zwangsläufig daran, zu wachsen. Denn ohne das Bestreben zum Wachstum (Missonsarbeit? Politische Arbeit? "Lifelong Learning", "Third Mission"?) würde sie wahrscheinlich alsbald schrumpfen und nicht lange existieren.

Kommentar vom 2020-06-27, 23:27

Der Text ist richtig grottig und WASP zentristisch, also no p.c. Das extrem kostspielige Ivy-League-System entspricht mitnichten dem Hochschul"system" weltweit; in vielen Staaten ist Hochschulbildung extrem günstig. Die Fachbereichsorganisation und die Mitbestimmungsrechte an hiesigen Hochschulen sind nicht mit denen der Hierarchie der katholischen Kirche zu vergleichen und sie verfolgten keine genuin ökonomischen Zwecke, sondern sind staatlich finanziert. (Wie sollen Bologna und Drittmittel-Finanzierung in dem Modell eingebaut werden?) In Asien hat es nie eine Dominanz der katholische Kirche gegeben, die dem Hochschulsystem den Stempel hätte aufdrücken können.

Kommentar vom 2020-06-28, 09:57

Die katholische Kirche hat durch die technologische Erneuerung in Europa, sprich, die bewaffnete hochgerüstete Schifffahrt, die _vor_ der Reformation begann, extrem expandieren können in den Americas, wo sie ein institutionelles Netz, Missionen aufbaute, das die Plünderer und Mörder, die von katholischen Königen losgesandt wurden, nutzen konnten. Die ganze Pracht der Kirchen ab dem 16. Jahrhundert wurde von dieser Expansion kofinanziert, zusätzlich dazu hatten die Kirchen durch ihre Klöster innerhalb Europas schon ein Netz der präkapitalistischen Produktionsstätten mit Arbeitsteilung und Unmengen von Landbesitz. Wer durch Neapel reist, kann sich der Irritation nicht entziehen, dass ganze Straßenzüge zu Klöstern gehören. Die Reformation als ideologisch verkleideter Umverteilungskampf fand zeitgleich mit den vereinzelten Bauernaufständen, Bauernkriegen statt, hat diese Aufständischen aber nicht unterstützt. Der Vergleich zur "unternehmerischen Hochschule" des Bologna-Prozesses ....

Kommentar vom 2020-06-28, 10:15

Die unternehmerische Hochschule kofinanziert sich privat 💎💎💎, lagert Bereiche in semiprivate Stiftungsprofessuren mit Laboren aus oder schließt andere "unrentable" völlig; durch die Paradigmen der Konkurrenz ist die Kooperation doch eher geschwächt, Die "Reformation" hat mit Bologna begonnen. Allerdings gibt es leider kein "antikapitalistisches" Außen, keine verbleibende Konkurrenzorganisation, wie sie die Gegenüberstellung mit den Prozessen der Reformation verlangen würde. Gab es irgendwo massive Schließungen? Sie 🧙🏻‍♂️ haben immer wieder konstatiert, dass der MOOC- und Online-Learning-Boom nicht erfolgreich war; eine schrittweise Ersetzung von Präsenzstudium zu reiner Online-Lehre im Erststudium findet bisher hierzulande doch nicht in bedeutendem Umfang statt? Oder? [Na ja. Corona-Semester?! Anm. J.L.] Schönen Sonntag! 📸🦋🌳🌵🦔🌻🦥

Kommentar vom 2020-06-30, 17:57

Es gibt Vergleiche, die sind so unnötig wie unpassend. Man gibt die eigenen Kinder nicht an die Hochschule, um denen einen Platz zum sinnstiftenden Leben zu vermitteln. Außerdem kann man als IT-Nerd auch ohne Studienabschluss echt gutes Geld machen mit der eigenen Firma, in anderen Branchen (Export/Import) auch. Da kann so ein Doktor der Altorientalistik, Kunstphilosophie oder Sprachwissenschaften nur von träumen.

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