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Die Politik hinter Blockchain-Phantasien

2020-12-27 12:32

Welche politischen Ideen verfolgen eigentlich die Blockchain-Verfechter*innen?

The political imaginaries of blockchain projects: discerning the expressions of an emerging ecosystem

Anmerkung meinerseits: Vieles, was heute als "Blockchain" verkauft wird, benötigt sowieso zentrale Instanzen, wodurch sich Konzept von selbst zerlegt. Aber "Blockchain" klingt halt toll für Investor*innen, Minister*innen und Hochschulleitungen.

Kommentar vom 2020-12-29, 22:44

Dieser Artikel verfehlt den eigentlichen Kern der Sache. "Blockchain" ist bloß ein overhyped Buzzword. Das haben die Crypto-Spekulanten schon 2018 durchschaut und sich von ihrer Hysterie erholt. Die Spekulationsblase im Detail durchzudeklinieren ist wenig erkenntnisreich.
Die erfolgreiche Innovation ist Bitcoin, denn es adressiert fundamentale machtpolitische Fragen. Insbesondere: Was ist hartes Geld? Wie funktioniert Geldschöpfung? Was ist "Geld" vs. "ein Versprechen auf Geld"? Bitcoin löst ein reales Problem: store of value. Deshalb braucht es keine Promo. Keine Buzzwords. Bitcoins "Marketingversprechen" ist, dass Fiatgeld weiterhin exponentiell seinen Wert verliert. Deshalb wird man vermutlich bald viele Menschen nur noch mit Staatsgewalt davon abhalten können in Bitcoin zu flüchten.
Das ist die fundamentalste machtpolitische Entwicklung im Zusammenhang mit "Blockchain". Insbesondere im historischen Jahr 2020, in dem das Klopapier knapper wurde als das Helikoptergeld ...

Kommentar vom 2020-12-30, 00:00

@Kommentator*in von 22:44: Dass Blockchain overhyped ist, ist leider bei vielen Akteur*innen nicht angekommen, zum Beispiel nicht im Energiesektor und nicht im Bereich der "Bildungs"zertifikate. – Bitcoin ist eine Sammlung von Bits. Die sind (wie Fiat-Währungen) nur so lange etwas wert, wie genügend viele Menschen daran glauben. Außerdem stellt sich die Frage, ob es in einer zusammenbrechenden Wirtschaft noch Strom (fürs Mining) und Internet geben wird. Aber halt, das Mining findet ja sowieso in 四川 statt. J.L.

Kommentar vom 2020-12-30, 00:30

Auch Gold ist nur so lange etwas wert, wie genügend viele Menschen daran glauben. Es gibt aber einen fundamentalen Unterschied zu Fiatgeld: Gold und Bitcoin kann niemand aus dem Nichts erschaffen. Die wesentliche machtpolitische Frage ist nicht, ob Bitcoin gut oder schlecht ist, sondern wie hart unsere Währungen sind.
Harte Währungen erhalten Stabilität, hingegen weiche Währungen führen zu Crashs.

Kommentar vom 2020-12-30, 11:31

@Kommentator*in von 00:30: Genau, auch der Wert von Gold ist eine kollektive Fiktion (siehe die Geschichte vom Midas); gut, das noch mal zu betonen. Man könnte (wie wohl viele Leute derzeit) auf Immobilien setzen und hoffen, dass keine Bodenreform und kein Fallout usw. kommen. – Bitcoin kann man zwar nicht aus dem Nichts erschaffen (zumindest solange keiner SHA-256 knackt bzw. nicht restlos alles Mining in 四川 konzentriert ist), aber man kann einfach seine eigene Art Cryptowährung erschaffen (noch ein ICO). Und, wie geschrieben, ohne Internet kein Moos. – Man muss sich einfach von der Idee verabschieden, dass irgendein "Besitz" auf dieser Welt sicher sein könnte. J.L.

Kommentar vom 2020-12-30, 17:11

Wie geschrieben, ist Bitcoin weniger relevant als die fundamentalen Machtfragen, die er neu beantwortet. Die Cypherpunks sind die einzige Bewegung in der Gesellschaft, die realisierbare Alternativen zum vorherrschenden Geldsystem diskutieren und implementieren. Das adressiert die wesentlichsten Fragen der Menschheit, denn jegliche Nachhaltigkeit und Rechtsstaatlichkeit ist determiniert durch die Richtung, die unser Geldsystem vorgibt. Solange alles Kapital immer aggressiver nach Rendite suchen muss, um sich vor der Inflation zu retten, solange erzwingt unser Geldsystem die immer radikalere Ausbeutung von Mensch und Natur. In der westlichen Welt steigt schon lange nicht mehr der Wohlstand (etwa in Form von Bildung und Gesundheit), sondern nur noch der Konsum und der shareholder value. Solche Perversionen sind keine Naturgesetze, sondern ein Symptom eines krebsartiges Geldsystems.

Kommentar vom 2020-12-30, 21:53

@Kommentator*in von 17:11: Das sehen einige Leute anders. Beispiel: "In summary, the monetary system is like the dog’s tail. It cannot wag the capitalist dog, in the sense that democratising money by means of a monetary commons will not democratise economic life but, rather, make capitalism uglier, nastier and more dangerous for humanity." https://www.yanisvaroufakis.eu/2020/07/27/why-bitcoin-is-the-not-socialists-ally-reply-to-ben-arc/ J.L.

Kommentar vom 2021-01-01, 19:54

"Suppose that Central Banks did not have the capacity instantly to create trillions of dollars [... That] prevents the boost in the money supply necessary to avert the liquidation of potentially viable businesses and jobs." Was ein Argument!!
Noch nie haben Zentralbanken spontan Billiarden erschaffen, um dem Mittelstand oder gar den Menschen zu helfen und die Rechtsstaatlichkeit, Bildung und Gesundheit zu fördern. Die besagten Billiarden werden stets großzügig verteilt an Banken und Konzerne, die sich im Kasino verzockt haben und "too big to fail" sind. Das war nie eine gute Lösung für Krisen, sondern es programmiert bloß den nächsten, verheerenderen Crash vor.
Außerdem verhindert eine härtere Währung solch irrwitzige Politik überhaupt nicht. Theoretisch könnten sich Staaten auch unter einem Gold- oder Bitcoin-Standard extrem überschulden, um Bad Banks zu retten. Jedoch ohne "quantitative easing" aka "schleichende Sozialisierung der Verluste" spüren alle früher, wie absurd das ist.

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