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Video-Klausuren hacken

2021-02-23 11:09

Weil das unschöne Thema "Proctoring" aka "Closed Book" einfach nicht totzukriegen ist, hier noch ein Sequel zu meinen jüngsten Gedanken. Zunächst ein paar nicht allzu anspruchsvolle Methoden, die Prüfungen zu hacken (Liste nummeriert, für Verweise in Kommentaren):

  1. Man trägt ein auffälliges T-Shirt, macht nach fünf Minuten eine Pinkelpause, tauscht auf dem Flur das T-Shirt mit seiner*m Ghostwriter*in; die*der schreibt nach der Pinkelpause weiter.
  2. Wenn mehrere Gruppen von je 24 Leuten getrennt überwacht werden, legen Leute aus verschiedenen Gruppen gleichzeitig eine Pinkelpause ein, zu vorher abgesprochenen Uhrzeiten, natürlich plus/minus einem individuellen Versatz, falls wirklich jemand Prüfungsprotokolle führen oder gar vergleichen sollte.
  3. Man baut einen Fußschalter ein, mit dem man das (externe) Mikrofon kurzschließt oder (expert mode!) auf eine per altem MP3-Spieler abgespielte Aufnahme von unverfänglichen Geräuschen umschaltet. [Nachtrag: Zum Sprechen die Hand vor den Mund halten. War halt eine lange Nacht beim Lernen; man muss ständig gähnen.]
  4. Wenn die Klausur per Scan-App abgegeben werden soll, muss man dafür das Smartphone verwenden und hat damit leider keine Kamera mehr, die die Gesamtszenerie beobachten kann.
  5. Ein*e Student*in opfert sich und hat nach wenigen Minuten ein schwerwiegendes technisches Problem, so dass die Verbindung nicht wiederherstellbar unterbrochen ist. Die Aufgaben verbreitet sie*er dann im Netz, zum Beispiel für Ghostwriter*innen.
  6. Bei der Abgabe per Scan-App lädt man nicht die soeben fotografierten eigenen Blätter hoch, sondern das inzwischen von der*dem Ghostwriter*in eingetrudelte PDF.

Worauf ich hinaus will: Die Prüfung ist so löchrig, dass, wer sich wirklich an die Bedingungen hält, massiv benachteiligt ist, oder sie ist so aufdringlich, dass der Datenschutz verletzt ist, oder sogar beides. Aber wer wird deswegen vors Gericht ziehen? Allenfalls Eltern, die sich das erstens leisten können und deren Kinder zweitens auch sonst immer die 1,0 abräumen.

Im Sinne von skin in the game (Taleb) könnte man allen Lehrenden, die diese Arten von Prüfungen propagieren, empfehlen, einmal eine Mock-Prüfung nach ihren Vorstellungen durchzuführen und den Student*innen anzubieten, dass man ihnen 100 Euro zahlt, wenn sie nachweisen, dass sie die Prüfung unentdeckt durch eine*n Ghostwriter*in erledigt haben lassen.

[Nachtrag: Ein einschlägiger Jurist bestätigt mir: Wenn man bei einer Prüfung nicht alle Hilfsmittel erlaubt, muss man in geeignetem Rahmen durch Kontrolle dafür sorgen, dass keine unerlaubten Hilfsmittel eingesetzt werden. Das ist zwar kein Gesetz, aber Richterrecht.]

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