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Sutherland – Alchemy. The Surprising Power of Ideas that Don't Make Sense

2021-08-08 20:40

Fast wären mir bei diesem Buch die bunten Klebezettel ausgegangen. Der Autor buchstabiert aus, was es an Missmanagement, aber vor allem auch an Chancen (!) bedeutet, dass Menschen nicht wissen, was sie wollen, dass sie nicht sagen (können), warum sie etwas tun, und dass sie auch mit falschen Begründungen das (von den powers that be) Gewünschte tun können.

Ursprünglich bin ich auf dieses Buch gekommen, weil es die geniale Beobachtung enthält, dass autonome Autos nicht immer "rational" agieren dürfen – weil sie sonst zum Leidwesen ihrer Insass*innen von den anderen menschlichen Verkehrsteilnehmer*innen ausgenutzt, also vor allem ausgebremst, werden (S. 13).

Ich gucke natürlich vor allem aus der Bildungs(system)perspektive auf diese Ideen (was der Autor nicht tut). Ein paar Ideen:

"Test counterintuitive things only because no one else will." (S. vi) Prüfungen abschaffen? Im ersten Semester mit Kategorien statt mit Bruchrechnen anfangen? Alle Veranstaltungen von Prof*innen halten lassen, die ein komplett anderes Fach vertreten? [Nachtrag: Skripte und Videos nicht als OER verschenken, sondern nur mit Kopierschutz gegen Abo-Gebühren herausgeben, damit sie auch etwas wert sind?]

(Scheinbar?) irrational agierende Persönlichkeiten können viel effektiver drohen (zum Beispiel damit, Mexico zu zwingen, einen Schutzwall zu bauen, S. 12). Wie wichtig ist es für das Lernen zum Beispiel, dass Lehrende es schaffen, plausibel zu machen, dass sie jederzeit einen Wutausbruch oder einen Tränenausbruch haben könnten?

In Preußen hatte man Goldschmuck durch Eisen ersetzt (S. 140). (Wer hat dann eigentlich das so gewonnene Gold bekommen? Und haben die Reichen wirklich mitgemacht oder die edlen Klunker einfach im Tresor gelassen?) Wie wäre es analog, wenn alle Professor*innen ihre Kinder aufs Berufskolleg schicken?

"The main value of having a swimming pool at home is not that you swim in it, but that it allows you to walk around in your garden in a bathing costume without feeling like an idiot." (S. 230) Analoge Frage: Warum studiert man? Ganz sicher doch, um etwas zu lernen! (Kleiner Scherz, denn wenn das so wäre, würde man sich anders verhalten.)

Wenn man Entscheidungen trifft, sucht man weniger nach dem hohen Erwartungswert als nach der kleinen Varianz und damit kleinem Risiko (S. 260). Wie lässt sich das Risiko der Entscheidungen verringern, die man im Bildungssystem trifft? Beispiel: Warum ist das Elektrotechnik-Modul verloren, wenn man das Mathe-Modul endgültig nicht besteht? (Der aktuelle Weg besteht darin, rechtzeitig vor dem endgültigen Nichtbestehen den Studiengang zu wechseln – und damit als Pseudo-Abbrecher*in die Kennzahlen zu belasten.)

Man mixt in das weiße Waschpulver ein paar blaue Krümelchen, dann wird die Wäsche gleich viiiieeel sauberer (S. 310). Das ist total faszinierend, aber mir ist noch keine Anwendung im Bildungsystem eingefallen. Noch nicht!

Kommentar vom 2021-08-10, 18:16

Ein interessanter Punkt ist der mit dem autonomen Autos, hier wahrscheinlich ein West-Ost-Gefälle: Je weiter westlich der Längengrad, desto irrationaler müssen die Autos sein, je weiter östlich einfach direkte Anzeigen an die Strafverfolgungsbehörden?

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