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Der didaktische Katechismus

2023-03-17 21:12

Die Seiten 13 bis 19 des Buchs Virtuelle Hochschullehre machen mir wieder mal klar, wie wenig Halt die orthodoxen didaktischen Lehren in der wahren Welt haben, mögen sie auch noch so oft brav vorgebetet werden. Oder vielleicht müssen sie gerade deshalb so oft vorgebetet werden.

Warum bloß hat die Orientierung auf "Kompetenzen" (S. 15) dazu geführt, dass von den Kultusministerien für die Schulen und den Professor*innen für die Studiengänge eine Kompetenzlyrik produziert wird, der, wenn sie nicht so schwammig ist, dass sie nichts besagt, die realen Leistungen nicht genügen – schon gar nicht ein halbes Jahr später?

Warum muss man mit Teaching to the Test 4.0 aka "Constructive Alignment" (S. 15) allen Leuten dann restlos die mentale Fixierung auf Prüfungen einhämmern?

Warum soll der Konstruktivismus (S. 14) nicht nur als Lerntheorie, sondern auch – Fehlschluss: Homonymie – als Lehrmethode tauglich sein? Das ist, als ob man den Leuten sauren Einheitsbrei vorsetzt, weil im Magen sowieso alles zu saurem Brei wird.

Lernendenzentrierung (S. 16): Zunächst einmal handelt es sich – schon hier beginnt typischerweise eine Folge von Fehlschlüssen – bei den Student*innen nicht um Lernende, sondern um Lernensollende. Schule und Hochschule sind fremdbestimmte Systeme, denn sonst bekäme man seinen Abschluss für irgendwas. (Vielleicht ist das inzwischen der Fall; ich will mich da lieber nicht festlegen.) Die meisten Student*innen scheinen sich dieses Umstands heilsam bewusst zu sein, wissen sich deshalb zurückzuhalten und fallen nicht auf Motivationsmaßnahmen (S. 19) herein, die diesen Umstand verschleiern sollen. Es geht halt um den Abschluss und nichts anderes; das "Constructive Alignment" (siehe oben) macht das für alle glasklar.

"Diversitätssensibilität" (S. 18) zu predigen, aber gleichzeitig "[d]ifferenzierte Wortwahl, begrifflich präziser Ausdruck, gut lesbarer Stil" (S. 70) zu fordern, ist ein krasser Widerspruch. Überhaupt jenes Bewertungsraster: "präzise und beantwortbare Fragestellung", "[u]mfangreiche Berücksichtigung" usw. Das ist der Versuch, Pudding an die Wand zu nageln, aber mit einem Gumminagel! Zu jedem Punkt dort müsste man eine Seite erklärenden Text schreiben – den niemand lesen würde. Außerdem erziehen Bewertungsraster zum Dienst nach Vorschrift. Ist es eine akademische, gar eine kreative Leistung, alles (gerade so) abzuhaken? Heute vielleicht schon.

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