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Es geht immer weiter bergab

2023-07-04 21:07

Zwar wollen amerikanische Forscher*innen The illusion of moral decline bestätigt haben, aber ihre Belege sind nur indirekt. Es ist doch möglich, dass Menschen über Jahrzehnte oder gar Jahrtausende hinweg meinen, dass es bergab geht, und damit trotzdem recht haben! Wo sind denn die persischen, römischen, mongolischen, aztekischen Großreiche? Die sind alle erst von innen verrottet und dann von außen erobert worden. An jeweils einer anderen Stelle auf dem Globus gehts dann zwischendurch mal kurz bergauf. Insgesamt eine Art Sägezahn mit langer fallender Flanke.

Dass die Menschen, nach dem aktuellen Stand der Moral befragt, über die Jahre gleich antworten, sagt zunächst nichts, denn die Maßstäbe können sich ändern. Dieser Punkt wird im Paper auch diskutiert und damit abgebügelt, dass viele der Fragen sehr konkret waren ("Haben Sie eine Alarmanlage installiert?" "Wie oft haben Sie im vergangenen Jahr im Bus jemandem Ihren Sitzplatz überlassen?"). Allerdings scheinen mir einige Themen zu fehlen, zum Beispiel Fragen wie diese: "Hat man Ihr Geld für 0,5 % Zinsen auf Jahre hinaus festgelegt und will es Ihnen nicht zurückgeben?" oder "Hat man Ihnen ein Auto verkauft, dessen Technik die Vorschriften umgeht?" oder "Wie viele Pizzakartons liegen im Park, weil die Öffnungen der Mülleimer nicht 50 cm mal 50 cm groß sind?"

In diesem Zusammenhang darf natürlich ein Verweis auf den – brandgefährlichen und seine humanistische Bildung über 1000+ Seiten wie einen Pokal vor sich hertragenden – Spengler nicht fehlen. Auf einer unverfänglicheren Seite fühle ich mich außerdem an Talebs Kommentare zu Pinkers Behauptung erinnert, dass die Welt immer friedlicher werde.

Vielleicht sollte man sich sowieso weniger über "moral decline" Gedanken machen als über "morale decline"?

Kommentar vom 2023-08-03, 10:41

Es scheint wohl wie mit allem anderen sonst auch zu sein. Wir haben unsere mathematisierte Sprache, um möglichst präzise über die Dinge, die uns da affizieren, quantifizieren zu können. Eine unerschütterliche Letztbegründung aber für etwas, das man Erkenntnis (oder [Wissens-]Glaube) nennen mag, scheint dabei unerreichbar. Es sei denn, wenn "Erkenntnis" bereits als Analyse von ohnehin schon gegebenem aufgefasst wird, beispielsweise in Form eines mathematischen Beweises. "Erkenntnis" aber als Wissen über "die Welt(en)" aufgefasst, bleibt offenbar erschütterbar - könnte jedenfalls sein.

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