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Die Blog-Postings sind Kommentare im Sinne von § 6 Abs. 1 MStV. Der Verfasser ist Jörn Loviscach, falls jeweils nicht anders angegeben. Die Blog-Postings könnten Kraftausdrücke, potenziell verstörende Tatsachenbehauptungen und/oder Darstellungen von Stereotypen enthalten. Die Beiträge der vergangenen Wochen werden als Bestandteil der Internet-Geschichte in ihrer ursprünglichen Form gezeigt. Menschliche Autor*innen können unzutreffende Informationen über Personen, Orte oder Fakten liefern.
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2020-02-22 12:34
Videos von physikalischen Versuchen können besser funktionieren als Live-Experimente – zumindest in Harvard. Ich frage mich aber, ob es nicht von Nachteil ist, wenn Versuche nie misslingen: Die Spannung ist viel größer, wenn der Hörsaal zumindest hin und wieder in Flammen steht! Aber einen großen Vorteil haben Versuche auf Video: Man kann die Welt so zeigen, wie sie sein sollte (aristotelische Physik, flache Erde usw.). Das wäre doch überhaupt ein wunderbares Sujet für einen MOOC: "True Physics", in Fortsetzung einer guten Tradition.
Kommentar vom 2020-02-22, 13:29
Im Eifer des Gefechts ist mir bei einem Experiment beim letzten Mathematik-Vorkurs tatsächlich etwas Übles passiert. Ich wollte zur Verdeutlichung der praktischen Relevanz der Sinusfunktion die Netzspannung mit einem USB-Oszilloskop messen und das Oszillogramm am Beamer zeigen. Vorher habe ich schön an der Dreifachsteckdose geschaut, wo der Neutralleiter und der Außenleiter ist. Dann hat zwischendrin irgendwas mit dem Laptop nicht funktioniert, so dass ich irgendwie die 3-Fachsteckdose gedreht haben muss. Schlussendlich habe ich dann aus Versehen die Masse des Tastkopfes an den Außenleiter der Steckdose angeschlossen. Es gab dann einen Kurzschluss über das USB-Kabel und die Masse des VGA-Kabels und der FI-Schutzschalter bzw. die Sicherung lösten aus. Seitdem ist auch der VGA-Anschluss meines zum Glück schon etwas älteren Zweitlaptops defekt. Fazit: Live-Experimente sind halt live. Wenn es für die Vorlesung und Experimente auch ein alter Laptop tut, sollte man diesen verwenden. (M.M.)
Kommentar vom 2020-02-23, 15:45
Auch wenn es evtl. nicht 100% zum Thema passt, würde mich Ihre Meinung interessieren: Flipped Classroom (Videos im Vorfeld schauen und vorbereitet im Unterricht erscheinen) nimmt doch gerade in den Naturwissenschaften gefühlt die ganze Spannung und das entdeckende Element des gemeinsamen Experimentierens weg? Ich denke dabei an besonders verblüffende Experimente (Photoeffekt, Induktionsversuche, chemische Showexperimente etc.), deren Reiz ja gerade darin besteht, der Intuition der Schüler oftmals zu widersprechen.
Auch in Zeiten von Fake-Videos und -News an allen Stellen finde ich es extrem wichtig, ein Experiment live erfahren zu können. Daher meine Frage: Geht das nicht alles durch "Video-Frontalunterricht" a la FC verloren (auch wenn die Experimente per Video aufgezeichnet werden)?
Vielen Dank für Ihre Rückmeldung!
Kommentar vom 2020-02-23, 16:25
@Kommentator(in) von 15:45: Gute Frage. Aus der Literatur weiß ich nichts dazu. Aus dem Bauch heraus würde ich sagen, dass die meisten Schulexperimente schon deswegen langweilig sind, weil man vorher zu viel verstanden haben muss, um überrascht zu sein. Beispiele wären nicht nur der Photoeffekt, sondern schon ganz einfach das Pusten über ein ebenes (!) Blatt Papier, bei dem kein (!) Auftrieb erzeugt wird. Viele Schulexperimente dürften (ohne die im Video möglichen Schnitte und Zeitraffer) außerdem die Aufmerksamkeitsspanne überschreiten. Die Vorführung von vorne dürfte oft schon visuell schwierig sein. Show-Experimente finde ich ganz schlimm, weil das, was davon im Hirn bleibt, nur ist, dass es laut und/oder gefährlich war; denn die Sinnesreize überschreiben das Inhaltliche. Vielleicht spricht da aus mir aber auch nur zu sehr der theoretische Physiker. J.L.
Kommentar vom 2020-02-25, 09:04
Zum Themengebiet "Spektakel in einer/vielen durch Arbeitsteilung und Entfremdung geprägten Gesellschaft(en)" und die andauernde Erwartung des Spektakels als Durchbrechen und Erhalten der gesellschaftlichen Totalität gibt es eine sozialwissenschaftliche Theorie. Ich frage mich, ob man die auch auf andere als spätkapitalistische Gesellschaften anwenden könnte: Im Mittelalter und der frühen Neuzeit waren Köpfungen und öffentliche Hinrichtungen äußerst beliebte Massenveranstaltungen. Eine Explosion im Hörsaal, aus dem man sich retten kann, wäre natürlich eine Erfahrung, mit der man(n) sich noch jahrzehntelang brüsten kann. https://www.geisteswissenschaften.fu-berlin.de/v/interart/media/dokumente/oberseminar/debord_guy_die_gesellschaft_des_spektakels.pdf
Kommentar vom 2020-02-25, 09:11
Simulationen von Experimenten im Zeitraffer oder überhaupt als Modell sind wirklich eine Alternative zum üblichen Ablauf. Obwohl die fast höfische Inszenierung, wie man sie in den auf YouTube zu findenden Vorlesungen von Prof. Wagner / Uni Wien findet, auch Ihren Reiz hat, ja die Austriaten haben es eh drauf mit der Inszenierung der MINTs ... Science-Busters-Experimente sind oft ein Riesenvergnügen.
Kommentar vom 2020-02-25, 15:57
@Kommentator(in) von 09:11: Aber mit solchen Lehr-/Lernmaterialien kann man nicht nachweisen, dass man auch das genügende Durchhaltevermögen besitzt, um nach Spanisch-Guinea oder Brasilien zu dampfen und dort mit seinen Fotoplatten auf die einmalige Gelegenheit einer Sonnenfinsternis zu warten. Beschleunigte Experimente vermitteln einen falschen Eindruck davon, wie Wissenschaft geht. Die ist ein sehr zähes Geschäft, wenn man sie ernst nimmt. J.L.
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