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Die Blog-Postings sind Kommentare im Sinne von § 6 Abs. 1 MStV. Der Verfasser ist Jörn Loviscach, falls jeweils nicht anders angegeben. Die Blog-Postings könnten Kraftausdrücke, potenziell verstörende Tatsachenbehauptungen und/oder Darstellungen von Stereotypen enthalten. Die Beiträge der vergangenen Wochen werden als Bestandteil der Internet-Geschichte in ihrer ursprünglichen Form gezeigt. Menschliche Autor*innen können unzutreffende Informationen über Personen, Orte oder Fakten liefern.
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2024-11-08 21:53
Ein Buch zum Klimawandel. Also die Art von Klimawandel, von der schon vor langer, langer Zeit Harald Schmidt redete, als er In Stahlgewittern
literarisch einordnete. Man fühlt sich mitgemeint: anhaltender parasitärer Pazifismus
(S. 16).
Im Endeffekt betreibt der Autor allerdings Wehrkraftzersetzung: Die Bundeswehr hätte zum Beispiel bei so hohen Verlusten und einem Munitionsverbrauch, wie sie die ukrainischen Streitkräfte verzeichneten, wohl schon nach wenigen Tagen kapitulieren müssen.
(S. 344) Das macht doch Lust auf den Dienst mit der Waffe! Oder dies zum im Verhältnis zu Berufssoldat*innen geringeren Ausbildungsniveau von Wehrpflichtigen und Reservist*innen: Hier geht es nicht darum, Piloten oder technisches Personal auszubilden, sondern vielmehr dafür zu sorgen, dass den kämpfenden Verbänden […] stetig neues Personal zugeführt werden kann.
(S. 303) Mit anderen Worten: Kanonenfutter muss her! Ich nehme an, alle jungen und noch halbwegs jungen Leute, die was auf dem Kasten haben, suchen bereits nach Möglichkeiten, in Neuseeland unterzukommen. Übrigens ist die südliche Hemisphäre schon allein wegen des dort wohl schwächer ausfallenden nuklearen Winters anzuraten.
Hybris gepaart mit Eros spielt auch heute noch eine zentrale Rolle, wenn Individuen sich dazu entschließen, Nationen abseits der Staatsräson in den Krieg zu treiben.
(S. 39) Ja, aber dann kommt der Autor selbst mit der folgenden technisch uninformierten und leider immer noch gängigen Hybris: Selbst zusätzliche Computerprozessoren und größere Datenbanken können aber aus KI-Algorithmen, die auf induktiver Logik basieren, keine KI-Feldherren generieren, weil sie niemals eine auf Gefühl basierte Intuition entwickeln können.
(S. 76) Dass ist offensichtlicher Unsinn, denn wenn im menschlichen Hirn keine Magie passiert, ist dieses irgendwann technisch nachbildbar, auch wenn wir diese Kränkung nicht wahrhaben wollen (siehe meinen Vortrag zur perfekten Lehrerin).
An einigen Stellen musste ich an unseren täglichen Kampf in der Lehre denken. Zur Volition: Ohne Wille kein Kampf.
(S. 130) – Zum Constructive Alignment: Alle drei Komponenten – Mittel, Methoden und Kriegsziele – müssen gut aufeinander abgestimmt sein.
(S. 142) – Das ganz unmodische Ignorieren der Nötigkeit zur Professionalisierung: nicht Kriegswissenschaft, sondern Kriegskunst (S. 153). – Und der Solutionismus: glauben, wir könnten Kriege, die wir anfangen, mithilfe neuer Technologien schneller und unblutiger beenden, während Technologie andererseits die Gefahr verringert, von Krieg überrascht zu werden.
(S. 28) Geschäftsidee meinerseits: Könnte man den Leuten oder sogar den Regierungen eine App gegen Krieg verkaufen? Ich meine, andere Unternehmen montieren schließlich ein paar Dutzend PC-Lüfter auf Tragflächen und wollen damit fliegen. – Hier scheint mir VR zu fehlen: Tatsächlich gehörte es immer schon zu den wichtigsten Fähigkeiten eines erfolgreichen Offiziers und Feldherrn, Karten zu lesen und schnell ein Gespür für Gelände und Wetter zu bekommen.
(S. 205)
Ein paar Learnings (um die aktuelle Sprechweise der Leitungsebene aufzugreifen): KI-Desinformation könnte von Untertan*innen gegen Machthaber*innen eingesetzt werden (S. 83). – Clausewitz ist im Original schlimmer zu lesen als Soziolog*innendeutsch (S. 103); vielleicht ein Job für die KI? – Germany First
bedeutet nicht das, was man zunächst glauben möchte (S. 148). – Bei den ESG-Kriterien wurde bis vor Kurzem die Rüstungsindustrie als sozial schädlich bewertet (S. 254).
Einige Sachen scheinen mir nicht zu Ende gedacht: Bei einem Krieg mit China würden die USA wohl binnen weniger Stunden und Tage Flug- und Raketenabwehrmunition im Wert von mehreren Hunderten Milliarden Doller verschießen.
(S. 275) OK, aber in wessen Taschen landet dieses Geld? – Und im Zentrum der Szenarien am Ende des Buchs stehen die Einnahme von Vilnius, Stichwort Suwałki-Lücke (S. 319ff). Aber wieso nicht direkt durch Polen auf Berlin marschieren, schon allein wegen des Überraschungseffekts? – Unterbelichtet scheinen mir auch die Lieferketten zu sein: Wo kommen massenhaft Drohnen her, wenn (mit den naheliegenden Problemen im V-Fall) nicht aus China?
Im Zeitalter der KI hat mir das Buch zu viele Tippfehler und es ist eine Frechheit, von Journal Papern nur den Link und nicht Autor und Titel anzugeben, so dass man nicht weiß, was sich hinter dem Link verbirgt. Dass im Klappentext bei den Testimonials akademische Titel stehen, ist etwas cringe.
Kommentar vom 2024-11-09, 13:20
Ob es Ihre "Rezension" in der 2. Auflage in den Klappentext schafft? Ich hoffe sehr darauf!
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