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Geld drucken ohne Reue?

2021-03-14 10:41

Ein prägnanter Kommentar zu den Ideen der "Modern Monetary Theory", die sich Corona-bedingt bei den Regierungen der Welt durchzusetzen scheint: Future Monetary Theory.

"MMT is not a modern monetary theory in the sense of being temporally specific to the system of free capital flows and floating exchange rates that we've lived with since the end of Bretton Woods in the 1970s. Rather, it is an imperial monetary theory that applies, if it applies anywhere, only to the United States."

Inspirierende Randbemerkung für App-Entwickler*innen: "[T]he king could at any time change the relationship between the unit of account and the coins in circulation [weil nur sein Konterfei, aber keine Zahl eingeprägt war]."

Was im Artikel nicht vorkommt: Warum druckt man nicht einfach noch eine Billion Euro, um den Hunger auf der Welt zu beenden und um den Atlantik mit Windturbinen zu pflastern? Bevor mich jemand korrigieren muss: Nein, auch ich weiß, dass die EU kein Geld druckt. Man *zwinkerzwinker* leiht sich das von der EZB, und zwar über die Geschäftsbanken, denn die sollen ja nicht leer ausgehen.

Und noch etwas: Überschüssiges Geld ist wie eine heiße Kartoffel, die man schnell weiterreichen will, um sich nicht (zum Beispiel durch eine Hyperinflation) die Finger zu verbrennen. Also kauft man davon ein paar Quadratmeter Berlin, eine Apple- oder Tesla-Aktie oder ein paar Satoshis. Wer die aber jeweils verkauft, will nun wieder das Geld loswerden usw. Diese katalytische Wirkung feuert die Immobilienpreise und die Kurse noch weiter an – und forciert die Monetarisierung von Bereichen, die dem Markt bisher eher fern sind (etwa die schulische und hochschulische Bildung, just saying).

Kommentar vom 2021-03-15, 00:06

So konkret kommt der zugepflasterte Atlantik etc. zwar nicht vor, aber das Thema wird implizit erwähnt: "but it takes a politics to determine if the death of deficits means Green New Deal and universal child benefits, or infinite oil subsidies and Pentagon spending."

Letztlich bleibt die MMT so lange alter Wein in neuen Schläuchen, bis die Gesellschaften reale Machtverhältnisse zugunsten der Zukunft der Allgemeinheit (lies: Planet Erde samt Ökosystemen) ändern. Und wie das vonstatten gehen soll, kann sich wahrscheinlich kaum jemand auch nur vage vorstellen. Auch, wenn Graeme Maxton mal versucht hat, es zu veranschaulichen.

Ihr Kartoffel-Vergleich hinkt übrigens ein wenig, denn die Kartoffel hat immerhin Nährwert; insbesondere auch in einer Hyperinflation. ;-)

Off topic:
An dieser Stelle auch mal Dank an Sie, dessen Lehrvideos ich auch als Uni-Fremder gern konsumiert habe (ja, konsumiert trifft es, wie Sie ja wissen, häufig am besten). Und den Blog lese ich regelmäßig mit Gewinn!

Kommentar vom 2021-03-16, 19:22

Geld wird oft missverstanden als neutrales Tauschmittel. Tatsächlich sind fast alle Geldsysteme vorrangig konzipiert als Herrschaftsinstrument. Geldsysteme dienen zumeist als effektive Waffe der psychologischen Kriegsführung gegen eine zu kontrollierende Bevölkerung.
Kritik an der MMT greift viel zu kurz, wenn sie annimmt, die Finanzelite würde aus Gier zu viel Geld drucken. Eine Hyperinflation wird es nur geben, um das jetzige System durch Chaos zu transformieren in ein noch mächtigeres Unterdrückungsinstrument (Stichwort: digitale Zentralbankwährung).
Geld als orchestrierte, kollektive Illusion zur Ausbeutung der Menschen zu verstehen ist nur der Eingang in den Kaninchenbau. Die Rote Pille ist Edward Bernays, Gustav Le Bon und die klassischen Konformitätsexperimente wie das Asch, Milgram oder das Stanford-Prison-Experiment. Angriffsvektoren auf den gesunden Menschenverstand sind minutiös erforscht. Die Wahrnehmung und das Verhalten von Menschen sind erschreckend frei programmierbar.

Kommentar vom 2021-03-16, 21:00

@Kommentator(in) von 19:22: Im Sinne von Hanlon's Razor steckt mir in diesen Aussagen viel zu viel vermutete Absicht, gar Verschwörung: "Finanzelite", "aus Gier", "orchestrierte [...] Illusion", "Angriffsvektoren". Die deutlich einfachere und plausiblere Erklärung scheint – gerade, wenn man dieser Tage so die Nachrichten verfolgt – Inkompetenz gepaart mit dem Unwillen, das zu tun, was getan werden muss, auch wenn es einigen missfallen wird. J.L.

Kommentar vom 2021-03-16, 23:34

Hanlon's Razor sagt doch nicht es gäbe keine machtgierigen Psychopathen und Demagogen, die die menschliche Psyche nach Angriffsvektoren abscannen, um sie auszubeuten. Die Menschheitsgeschichte ist doch voll von solchen Stories. Es liegt in der Natur mancher Menschen über andere herrschen zu wollen.
Schon Platon hat die Demokratie bloß als Vorstufe zur Tyrannei kritisiert, eben weil immer irgendwelche raffinierten Agitatoren das Massenbewusstsein für ihre Ziele manipulieren. Die Frage, _ob_ es Agitatoren gibt, die eine ausbeuterische Agenda verfolgen, stellt sich nicht. Eine gesunde Demokratie benötigt ein starkes Abwehrsystem gegen Agitatoren. Zu viel Hanlon's Razor ist in diesem Sinne eine Autoimmunschwäche.
> "das zu tun, was getan werden muss, auch wenn es einigen missfallen wird"
Unsere reputabelsten Epidemiologen fordern lautstark, wir sollen die verheerenden Lockdowns sofort beenden. Laut Kanzlerin wird das wegen "politischer Entscheidungen" ignoriert. Entschuldigt Hanlon das?

Kommentar vom 2021-03-17, 23:16

@Kommentator*in von 23:34: Die Begrifflichkeiten aus dem ersten Kommentar haben auf eine Verschwörung angespielt, nicht auf Einzeltäter*innen. Wenn ein Trupp so raffiniert und beherrscht ist, eine veritable Verschwörung durchzuziehen, wäre es eigenwillig, wenn dieselben Personen an anderer Stelle so massive handwerkliche Fehler machen. (Es sei denn, diese Fehler sollen uns nur in Sicherheit wiegen; aber einen so langen long con zu spielen, kann ich mir nur von sehr wenigen der aktuellen Akteur*innen vorstellen.) – Ich wollte gerade im Gegenteil andeuten, dass man endlich (viel zu spät) einen strengen Lockdown machen muss, bevor Mutanten hochkommen, gegen die die Impfstoffe nicht mehr wirken. Und dass man strikte Kontrollen/Quarantäne bei der Einreise durchführen muss. Und dass man mehr Disziplin fordern und durchsetzen muss. Taiwan machts vor. – Ich hatte unsere besagten reputabelsten Epidemiolog*innen (wer auch immer das im Detail sein mag) bisher als Gegner*innen der neuerlichen Öffnung gesehen. J.L.

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