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P.-A. Alt: Exzellent!? – Zur Lage der deutschen Universität

2021-12-04 11:42

Wenn sich der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz [sic, immer noch ohne *innen], seines Zeichens Literaturwissenschaftler, in Buchform zur Lage der Hochschulen (auch FHs kommen ein wenig vor) äußert, darf man nichts Überraschendes erwarten, sondern vor allem ein fleißiges Zusammentragen historischer Quellen. So weit, so vorhersehbar.

Aber ein paar Lichtblicke gibt es:

"Wer sich an den Volumina der Projekte orientiert und nicht an der Qualität von Publikationen, bewertet die Fähigkeit einer Institution, Geld für die eigene Wissenschaft aufzutreiben, kaum jedoch deren wirkliche Leistungsstärke." (S. 64) Wozu ich anmerken möchte: Ersteres ist ja auch eminent wichtiger als Letzteres.

"Diverse Erhebungen erfüllen eine ähnliche Funktion wie das Totem in alten Kulturen: Sie sind Symbole, denen man unbefragt Glauben schenkt." (S.  67)

"[Mission Statements bieten] ein trauriges Gemisch von Schlagwörtern ohne klaren Programmgehalt." (S.  165)

"Man denke sich eine Universität, die ihre Selbstbeschreibung mit einer Liste dessen beschließt, woran sie nicht forscht und was sie in der Lehre nicht anbietet." (S. 164f)

"Wozu benötigen wir 174 000 Doktoranden?" (S. 204) Dies ist einerseits eine höchst berechtigte Frage, andererseits aber eines der vielen Anzeichen dafür, dass der Autor nicht verstanden hat, dass die gewachsene Hauptaufgabe der Universität darin besteht, den Schein von Aufstieg und Meritokratie zu pflegen: Auch du kannst es schaffen, wenn du nur willst!

"Die suggerierte normative Kraft des Schlagworts 'international' verpufft, wenn man sich die Vielfalt der akademischen Wirklichkeit vor Augen hält." (S. 211) Hier hätte der Autor noch einen Schritt weiter gehen können, und "international" als Vehikel entlarven können, mit dem sich gegenüber Naiven alles begründen lässt.

So viel zu den Lichtblicken.

Lustig sind die "Automotive Cars" (S. 178).

Dass sich die USA aus der öffentlichen Alimentierung ihrer Unis davongestohlen hätten (S. 168), kann man so nicht sagen. Das läuft nun halt perfider: über staats-"garantierte" Studienkredite für astronomische Studiengebühren.

Die Bemerkung, dass US-Unis die meisten Nobelpreisträger[*innen] stellen, (S. 211) ist mindestens unglücklich formuliert. "Anstellen" wäre richtiger.

180 000 Zeitschriften, Wikipedia usw. (S. 256) und kein Wort über den Flach- und Unsinn, der da veröffentlicht wird, um Zahlen oder "Reputation" zu generieren. Oder eine Konferenzreise bezahlt zu bekommen.

Aber der Tiefschlag ist: "Studierende können den Ablauf in einer Online-Vorlesung unterbrechen, Begriffe nachprüfen, Fragen notieren und in der digitalen Sprechstunde an die Unterrichtenden adressieren." (S. 146) Na ja, "können" theoretisch schon. Wohl eher "könnten".

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