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Liegl & Wunsch: Wo bitte geht's nach Stanford?

2023-07-22 10:41

Liebe Eltern vom Prenzlauer Berg! Dieses schon ältere Buch kennt Ihr natürlich. Wegen der bevorstehenden allgemeinen Dienstpflicht (was für ein hässliches Wort; ChatGPT schlägt "Inklusive Soziale Aktionskraft" vor) lohnt es sich aber sehr, es nochmal zu lesen. Je nachdem, wie strikt die deutsche Ausreisekontrolle für Unter-30-Jährige (Altersdiskriminierung, anybody?) werden wird, dürften die Kids schon ihr letztes Schuljahr an der High School verbringen müssen – der für diesen Zweck richtigen natürlich. Ohne professionelle Beratung für eine "solide akademische und nichtakademische Leistungs- und Bewerbungsstrategie" (S. 140) wird da nix gehen. (Geschäftsgelegenheit! Wer möchte mein Geld, um eine Beratungsagentur aufzubauen?)

Die Autorin des Buchs lässt einen spüren, dass man hier unter seinesgleichen ist: ihre Mutter mit Fulbright-Stipendium (S. 24), ihre Kinder mit Au-Pair-Mädchen (S. 36) und Klavierlehrerin (S. 47) und auf der "internationalen Schule" (S. 60) – wobei ich mich frage, ob eine ganz stinknormale Schule in Neukölln nicht internationaler wäre. Man kann aber sich aber gnädig um die anderen Kids kümmern (S. 71ff): Sozialarbeit, die sich anfühlt wie ein Besuch im Zoo zum Lernen. "[E]in unverkrampftes Verhältnis zum Wettbewerb bekommen" (S. 83) – klar, mit dem Auffangnetz des Elternhauses immer! Wettbewerbe haben Verlierer*innen, aber das kommt hier nicht vor. "Wie sehr genieße ich da meine Aufenthalte in den USA" (S. 57) OK, das war 2017, da konnte man das vielleicht gerade noch ohne Flugscham schreiben. Und wenns mit der Selbstorganisation nicht klappt, kann man immerhin ein kommerzielles Gap-Year-Programm buchen (S. 212ff): Pauschaltourismus für geskriptete einzigartige Herausforderungen.

Der Koautor steuert deutlich fundiertere Sachen bei, so etwa, dass Kinder lernen sollten, dass man Geld vor dem Ausgeben erst zu erwerben hat (S. 265). Tja, die Modern Monetary Theory wird zwar von allen Regierungen praktiziert, scheint aber noch nicht im Kinderzimmer angekommen zu sein.

Oh wait, reden wir eigentlich von diesem Stanford?! Pro-Tipp: Ich würde nie Daten anfassen. Ich würde meinen Doktorand*innen sagen: "Oh je, Hanna, einige deiner p-Werte waren schon wieder über 0,05. Leider, leider 😢 werden wir so das Projekt nicht erfolgreich abschließen können und daher kein Folgeprojekt bekommen, um dich weiter zu finanzieren. Das wäre doch sehr, sehr traurig, oder?"

Oder meinen wir gar dieses Stanford?!?

Fun fact: Leland Stanford war Präsident der Central Pacific Railroad und hat so von der Ausbeutung der chinesischen Gastarbeiter*innen profitiert. Interessiert heute aber niemanden mehr. Rassismus und (De-)Kolonialisierung sind keine Themen, wenn es um Asiat*innen geht.

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