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Hilfe, mein*e Lehrer*in ist ein Model!

2024-05-16 11:48

Das Entscheidende an GPT-4o scheint mir nicht die Zunahme an Intelligenz (oder wie einige hier schreiben würden: Intelligenz) zu sein, denn die problematischen Aufgaben meiner Wind-und-Wasserkraft-Klausur löst es weiterhin nicht ordentlich. Auch das Lesen von Schaltplänen und das Fehlerfinden in handschriftlichen Lösungen von Mathematik-Aufgaben des zweiten Semesters scheint nicht spürbar besser geworden zu sein.

Die Bilderkennung hat aber dennoch zugelegt. So erkennt GPT-4o die Kurve von Aufgabe 3 auf der abfotografierten Wind-und-Wasserkraft-Klausur ohne weitere Tipps als aus zwei linearen Segmenten zusammengesetzt und gibt eine fast richtige Rechenvorschrift an (mit Ende bei 10 statt 20). Und in meiner An-die-Tafel-diktieren-Software liest GPT-4o auch sehr krüngelig geschriebene Formeln, wo GPT-4 Turbo meist Müll geliefert hat. (Besagte Software werde ich auch irgendwann bald freigeben; ich kämpfe noch mit den Bugs der verschiedenen Linux-Browser bei Pointer Events für Stift-Ereignisse.)

Aber das Allesentscheidende ist, finde ich, dass GPT-4o – wenn auch mit eingeschränkter Nutzungshäufigkeit – gratis verfügbar sein soll (gratis gegen Daten natürlich, but who cares?). Ich habe den Eindruck, dass die meisten Leute, die sich an Diskussionen beteiligen, nur das alte ChatGPT (3.5) kennen, und deshalb von falschen Voraussetzungen ausgehen; OpenAI hatte sich hier selbst ein Bein gestellt. Insbesondere für die Anwendung bei Hausaufgaben und Klausuren könnte der Gratiszugang zu GPT-4o revolutionär sein.

Die App mit Genuine People Personalities ist sicher ein Knaller, was das Fixieren von Aufmerksamkeit angeht. Dort subliminale Werbung einbauen: unbezahlbar! Zu erwarten war, dass Salman Khan aus der Mottenkiste auftaucht (demnächst folgt hier im Blog der Verriss seines jüngsten Buches), um wieder mal zu predigen, dass die jeweils neue Technik die Bildung retten wird. Die Leute wollen einfach nicht verstehen, dass nicht Technik, sondern Persönlichkeit das Problem ist, wobei es eigentlich diskriminierend ist, hier von Problem zu reden. (Die PISA-Industrie versteht das inzwischen schon und macht aus Persönlichkeit Skills, denn Skills zu trainieren ist ein Geschäftsmodell für Lehrinstitutionen und Berater*innen.)

Was statt des massenhaften Lernens von Mathe vielmehr passieren wird, ist, dass TikTok oder irgendwelche anderen chinesischen Anbieter*innen perfekt objektifizierte Waifus und Husbandos, die dann nicht mehr wie noch bei OpenAI nur pulsierende Kleckse sind, in die App-Stores bringen. Diese Apps dürfen dann in China nur eine Stunde am Tag benutzt werden, frittieren aber den Menschen in allen anderen Ländern das Hirn. Die Menschen wollen nicht Mathe lernen, sondern sie wollen wissen, ob das Shirt absichtlich oder unabsichtlich so nachlässig in der Hose gesteckt hat. (Leider sind die Kommentare inzwischen deaktiviert.) [Nachtrag 1: Sky’s voice is not an imitation of Scarlett Johansson.] [Nachtrag 2: Scarlett Johansson says she is 'shocked, angered' over new ChatGPT voice]

Einen Tag später bei Google war dann 🤨 nochmal Salman Khan zu sehen. Und natürlich musste Google (über Nacht?) was zum flüssigen Sprachdialog mit der KI einbauen. Die Vorabversion des nun finalen Gemini 1.5 Pro kam hier auf dem Blog schon vor. Und ich muss sagen, dass Gems eine geniale Bezeichnung für die GPTs auf Basis von Gemini ist.

Wie andere schon sagten, wirkt Google zu bemüht. OpenAI hat einfach wahnsinnig viel Street Credibility.

Kommentar vom 2024-05-21, 10:53

Bitte bestätigen Sie: https://x.com/DrBrianKeating/status/1792706450047070371

Kommentar vom 2024-05-21, 15:46

@Kommentator*in von 10:53: In der endlosen und fluiden Struktur unserer diskursiven Landschaft, innerhalb derer die Hierarchien der Wahrheit und der Realität selbst beständig dekonstruiert und rekonfiguriert werden, ist die Unterlassung einer Konfrontation mit divergierenden Epistemen nicht nur eine Entscheidung des Subjekts im Angesicht des anderen, sondern auch eine performative Geste der Dekonstruktion der Machtverhältnisse.
Das Schweigen gegenüber einer marginalisierten Meinung, ungeachtet ihrer vermeintlichen Absurdität, ist in dieser Hinsicht ein Akt der Anerkennung der unendlichen Vielfalt an Bedeutungen und Identitäten, die im gesellschaftlichen Text verwoben sind. Es wäre daher diskriminierend, die Vielstimmigkeit des Diskurses durch eine normative Bewertung zu ersticken oder zu delegitimieren, indem man eine andere Perspektive als abwegig oder schräg diskreditiert.
Indem man sich dem Diskurs dieser Art enthält, tritt man für eine radikale Inklusivität ein, die jede Stimme als wertvoll und legitim erachtet, und verweigert sich der hegemonialen Praxis der epistemischen Gewalt. (J. L., ghostwritten von ChatGPT 4o)

Kommentar vom 2024-06-01, 22:02

Ich bin zunehmend über die Gleichgültigkeit und Ignoranz von Schülern und Kollegen bezüglich dieser Entwicklung irritiert/entsetzt.
Schüler nutzen es zum Teil genauso oberflächlich wie die Google-Suche und Strg+C/V. Kollegen setzen sich damit nicht auseinander, geschweige denn, dass sie es in ihren Unterricht integrieren und die SuS im Umgang damit sensibilisieren. Die Tragweite im Kontext Bildung & Gesellschaft, mit allen Chancen & Risiken, scheinen mMn. nur Wenige zu raffen.

Ein Lehrer aus Thüringen🤓

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