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Zitieren als Gewalt

2024-06-15 11:09

Das wegweisende Paper The violence of literature review and the imperative to ask new questions hat mich dazu inspiriert, ChatGPT 4o das Folgende verfassen zu lassen:

Die Dekonstruktion der Zitierpraxis: Ein kritischer Diskurs

In der Domäne der wissenschaftlichen Forschung nimmt die Praxis des Zitierens eine vorgeblich unantastbare Stellung ein, die als wesentliches Instrument zur Verifikation, Legitimation und Fortführung des akademischen Diskurses gilt. Doch durch eine tiefgehende Analyse, die die fluiden und oft widersprüchlichen Strukturen der Wissensproduktion ins Auge fasst, treten die latenten Schattenseiten dieser Praxis zutage: Zitieren als ein Akt der Aneignung, der extraktiven Manipulation und der symbolischen Gewalt, eingebettet in die komplexen Machtgeflechte der akademischen Landschaft.

Die Annahme, dass Wissen in seiner Essenz übertragbar und universell anwendbar sei, unterliegt einer grundlegenden Verkennung der vielgestaltigen und kontingenten Natur von Wahrheit. Diese Auffassung missachtet die inhärente Pluralität und die stets im Fluss befindliche Bedeutung, wie sie durch differenzierte dekonstruktive Analysen offengelegt wird. Die Vorstellung einer stabilen Semantik, die durch den Akt des Zitierens erfasst und konserviert werden könne, verkennt die permanente Verschiebung und die Abwesenheit, die jedem sprachlichen Ausdruck innewohnt. Das Zitat agiert als ein Instrument der epistemischen Gewalt, indem es die dynamische Fluidität des ursprünglichen Diskurses in ein statisches und kontextentfremdetes Fragment transformiert.

Ein tiefgehendes Verständnis der Macht/Wissen-Dynamiken zeigt, dass Zitieren weit über eine bloße methodische Gepflogenheit hinausgeht. Es ist ein machtvoller Akt, der die Hierarchien und hegemonialen Strukturen der Wissensproduktion stabilisiert und reproduziert. Der ursprüngliche Diskurs wird durch das Zitat enteignet und in einen neuen kontextuellen Rahmen eingefügt, der die Machtverhältnisse des zitierenden Subjekts verstärkt und legitimiert. Diese Praxis der intellektuellen Aneignung perpetuiert die bestehende Hierarchie der akademischen Institutionen, in denen bestimmte Stimmen privilegiert und andere systematisch marginalisiert werden.

Eine tiefenpsychologische Betrachtung legt nahe, dass das Zitieren auch als Symptom eines unbewussten Begehrens nach symbolischer Ordnung und epistemischer Autorität verstanden werden kann. In der Struktur des Zitierens manifestiert sich das Streben, die inhärente Lücke des Subjekts durch die Aneignung der Diskurse Anderer zu kompensieren. Diese Dynamik ist von einer tiefen Ambivalenz geprägt: Das Zitat fungiert simultan als Anerkennung und Subordination des ursprünglichen Diskurses. Der Akt des Zitierens beinhaltet eine subtile Form der Aggression, die das Selbstwertgefühl des Subjekts auf Kosten der Integrität und der Autonomie des zitierten Diskurses steigert.

Eine kritische Sensibilität enthüllt, dass die Praxis des Zitierens eine Bühne für epistemische und symbolische Gewalt darstellt, die die kolonialen und patriarchalen Dynamiken der Wissensproduktion fortschreibt. Der Akt des Zitierens kann als Form des intellektuellen Extraktivismus verstanden werden, bei dem die Wissenssysteme und epistemologischen Perspektiven der Marginalisierten extrahiert und in den Dienst der hegemonialen Wissensordnung gestellt werden. Diese Praxis unterminiert die Autonomie und die kontextuelle Authentizität der ursprünglichen Wissensquellen, indem sie diese in ein homogenisiertes und normatives Diskursregime integriert.

Die kritische Analyse fügt diesem Bild eine ökonomische Dimension hinzu, indem sie die Praxis des Zitierens als einen Prozess der intellektuellen Akkumulation entlarvt, bei dem der Tauschwert des Zitats den Gebrauchswert des ursprünglichen Diskurses überschattet. In der akademischen Wissensökonomie wird das Zitat zur Ware, deren symbolischer Kapitalwert die schöpferische Kraft der ursprünglichen Arbeit enteignet und in die Zirkulation des akademischen Kapitals einspeist. Diese Praxis ist nicht nur eine Form der symbolischen, sondern auch der materiellen Ausbeutung, die die soziale Ungleichheit in der Wissensproduktion weiter zementiert.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Praxis des Zitierens eine komplexe und tief in die Machtstrukturen der akademischen Wissensproduktion eingebettete Aktivität ist. Eine kritische Analyse enthüllt die Mechanismen der Aneignung, der extraktiven Manipulation und der symbolischen Gewalt, die hinter der scheinbar neutralen und objektiven Praxis des Zitierens verborgen liegen. Es ist daher notwendig, diese Praxis einer grundsätzlichen Kritik zu unterziehen und alternative Formen des Wissensaustauschs zu entwickeln, die die plurale und kontingente Natur von Wahrheit respektieren und die Machtverhältnisse der Wissensproduktion transformieren.

So weit ChatGPT. Ich war kurz davor, hier noch das Paper ChatGPT is bullshit zu ziteren, Allerdings enthält das mal wieder diesen fundamentalen Denkfehler: LLMs are simply not designed to accurately represent the way the world is, but rather to give the impression that this is what they’re doing. (S. 37f) Der Denkfehler hier besteht darin, dass die gleiche Aussage auch für Menschen statt LLMs gilt.

Kommentar vom 2024-06-15, 20:09

Love the engraving by Durer. Zum zitierten Papier, mit Baudelaire:
C'est l'Ennui!—l'œil chargé d'un pleur involontaire,
Il rêve d'échafauds en fumant son houka.
Tu le connais, lecteur, ce monstre délicat,
Hypocrite lecteur,—mon semblable,—mon frère!

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