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Hintergrundsignal

2020-06-26 16:24

Am Anfang der jüngsten Videokonferenz-Ära hatte ich ja schon einmal über die Wahl des richtigen Hintergrunds sinniert. Inzwischen durfte ich im wahren Leben viele weitere Anregungen sammeln.

Der wichtigste Aspekt bei der Wahl des Hintergrunds scheint mir zu sein, damit Status zu signalisieren, aber immer noch so gerade eben im Rahmen der plausible deniability zu bleiben: "Ach ja, jetzt, wo Sie es sagen, fällt auch mir auf, dass man das so missverstehen könnte."

In diesem Sinne hier ein paar völlig frei erfundene Beispiele für Hintergründe:

Und ginge das Signalisieren auch andersherum? Sagen wir, mit einem 3-m-Fernseher, einer Bundesliga-Tabelle oder einem Helene-Fischer-Poster im Hintergrund?

* Ha, schon wieder eine Geschäftsidee: eine App, die einem aus beim Online-Buchhändler der Wahl angeklickten Büchern das Bild eines Bücherregals als Fake-Hintergrund baut. Gegen Gebühr gibts fertige Voreinstellungen wie "Die Polyglotte" oder "Der Intellektuelle".

Kommentar vom 2020-06-26, 17:22

Das Wichtige bei der Bücherwand ist allerdings, dass die Titel nicht alle "neu" erscheinen, sonst wirkt es wie Möbelhausattrappen. Ein Buch 📖📚, das ich Ihnen schon länger gerne schicken wollte, ist die Meta-Studie von Wiggershaus, "Die Frankfurter Schule" (mein 3. Exemplar). Weniger um in Ad-hominem-Argumenten unsere als Pop-Star-Hüllen vermarkteten wichtigsten Kritischen Denker zu desavouieren, nein, das Buch klärt auch über die Probleme der Konzeptualisierung der ersten empirischen Sozialforschungen auf und beleuchtet die Wissenschaftsgeschichte der BRD 😇👩🏽‍⚕️👩🏼‍🎓🧑🏻‍🎓👷🏽‍♂️👨🏼‍🔬👩🏼‍🚀🧙🏼‍♂️. Oder steht das bereits bei Ihnen 🧔🏼 hinter Plexiglas / auf oxidierten Eisenbahnschienen 🖼🛋📐?

Kommentar vom 2020-06-26, 22:15

@Kommentator(in) von 17:22: Das habe ich in der Tat noch nicht. Vorsicht: Ich darf keine Geschenke in nennenswertem Umfang annehmen. – Mir kommt gerade der Gedanke, das Bücherwand-Hintergrundbild einfach völlig krude zu skizzieren. J.L.

Kommentar vom 2020-06-27, 12:02

Es ist schön, dass jemand, der Studierende unterrichtet, glaubt, dass Menschen 👽😺🤡🧞🤖🧟🧙🏾‍♂️, die Mathe-Videos anschauen, sich auch substanziell für Bücherwände 🖼 interessieren. Selbstinszenierungen mit Bücherwand wären ein schönes Forschungsprojekt ⚗️ oder auch Kunstprojekt. (Kann man Fotos 🎞📸 von auf YouTube gestellten Filmen des Öffentlich-Rechtlichen 🎥 auf einer Internet-Plattform, nicht fb, Flickr oder Instagram, posten unter dem Label "Kunst", ohne sich Klagen einzuhandeln, wegen Bildrechten o. ä.?) 🕵🏼🧑🏽‍🎓 Ich schaue auch sehr gerne, was intellektuelle Größen 📡 im Bücherregal stehen haben, vor dem sie sich präsentieren und wen sie ggf. nachahmen. 💎 Gestern hatte ich das Bücherregal eines der Weizsäckers mit skurrilem Krimskrams auf y.t. bewundert, als er über die Rolle seines Vaters im Uranverein sprach; wir haben gerade ein minimalistisch finanziertes Forschungsprojekt 🧑🏽‍🔬 dazu.

Kommentar vom 2020-06-27, 12:42

@Kommentator(in) von 12:02: Oh, nicht Mathe-Videos, sondern die gesuuhmte Live-Veranstaltung. Ja, stimmt, die mit Bedacht bestückte Bücherwand wäre eher was für Sitzungen im Kolleg*innenkreis, wobei, *nachdenk* ne, wird auch da nicht helfen. Eher dann wohl ein Geheimzeichen, an dem sich Insider*innen erkennen können. Aber! Die anderen genannten Punkte gehen durchaus und werden in Varianten sogar bei Studierenden gesehen. Wenn deren Kamera dann mal angeschaltet ist. – Zur Frage in Klammern: Wenn man sich eine Frage zum Urheberrecht oder zum Datenschutz stellt, kennt man doch immer schon die klare und unerbittliche Antwort. Bei einer Collage oder bei Ausschnitten mit dazu gesprochenem Kommentar könnte das vielleicht anderes sein. Disclaimer: Ich bin Rechtslaie. J.L.

Kommentar vom 2020-06-27, 14:04

Oh, dann schicke ich Ihnen also nicht die Jubiläumsausgäbe der "Frankfurter Schule" auf handgeschöpften Papier im Bioleineneinband mit Goldschnitt und handsigniert, mit einer CD mit den gesammelten Adorno Kompositionen in der Rückentasche, sondern die schnöde Taschenbuchausgabe. Bzw. lasse schicken, das ist unverfänglicher, wer weiß, ob ein 20-Euro-Taschenbuch als "nennenswerter Umfang" gilt.

Kommentar vom 2020-06-27, 15:58

@Kommentator(in) von 14:04: Ja, 20 Euro sind deutlich zu viel für den Beamtenstatus (kein Scherz). Eine gut gebrauchte, schön gelbliche Ausgabe mit vielen Eselsohren und angerissenen Seiten wär aber schon recht, danke. J.L.

Kommentar vom 2020-06-27, 18:46

:-) Ich subsumiere SumSum-Konferenzen in der Lehre mittlerweile als MINT-Video, weil Sums bei uns aufgezeichnet werden. ;-) Bücherwand, Klavier, seidene Perserteppiche, schicker Heimtrainer oder Patti-Smith-Poster, all das ist was für die Kollegen. ;-) Aber sind Ihre Kollegen überhaupt bibliophil? Die Comic-schraffierte Bücherwand wäre bei Literaturwissenschaftlern ironisch.

Kommentar vom 2020-06-27, 18:58

Man kann das Ganze auch für ein lange verschobenes Outing nutzen, wie Sie mit Marx' oder Hayeks Bänden andeuteten. Geschickt präsentierte Bücherrücken: "Als Alien auf der Erde überleben" oder die typischen, gerade so beliebten Bekenntnisromane "Leben dazwischen, Biographie eines Intersexuellen/LGBTAQ mit Kinderwunsch, mit Borderline, ADHS, Schüler der Odenwaldschule" können das lösen. Gewisse Bücher, wie de Sades Justine oder Sacher Masochs Venus im Pelz könnten auch bei gebildeten Studies die gewisse Extra-Aufmerksamkeit erlangen; gewisse Hirnregionen sind bei neuronormalen homo sapiens einfach dominant. Aber ach, vermutlich ist der größte "Gravitationslinseneffekt", den man auf Zoom erzeugen kann, eine Katze, die auf Ihrem Schoß schnurrt. :-) Tibee hat sogar ein Math for Cat Video.

Kommentar vom 2020-06-27, 22:44

@Kommentator(in) von 18:46: Wie läuft das Aufzeichnen eigentlich aus Studierendensicht? In Zoom selbst müsste es ja freigegeben werden und würde einen Hinweis an alle erzeugen. Was nimmt man denn so üblicherweise als Aufnahmesoftware? Und was macht man dann mit den Stunden um Stunden an Material? Der alte studentische Dreikampf: Kopieren, Lochen, Abheften? J.L.

Kommentar vom 2020-07-02, 17:28

Komische 80er Jahre Vorstellung, die Sie von einem Studium heutzutage haben. Vorlesungen, Literaturrecherche auf Sci-Hub, weil die Uni trotz 450 Euro Studienbeitrag kein Elsevier zahlen will. Downloaden, didaktisch sinnvolle Vorlesungen online finden, Prüfungsamt, Dreikampf um Praktika und Scheine/Module, für die es seit Jahren keine Seminare gibt, oder das Suchen von 2. /3.-Prüfern und Beisitzern oder auch verschwundenen Dozenten. Und last not least: Termine beim Verwaltungsgericht. "Locher" kenne ich nur aus dem frühen frankophonen SW-Fernsehen, wenn wütende, selbstbewusste Sekretärinnen diesen nach dem Macho-Chef oder Studentinnen damit nach ihrem Doktorvater schmeißen, weil sie irgendwelche Papiere abheften sollen, anstatt in Ruhe wissenschaftlich arbeiten zu können.

Kommentar vom 2020-07-02, 17:44

@Kommentator(in) von 17:28: Sicherheitshalber, weil das vielleicht untergegangen ist: Ich hatte "der _alte_ studentische Dreikampf" geschrieben. – Suche nach Prüfern und Beisitzern: Irgendwie scheint da die Bringschuld je nach Fach und/oder Hochschultyp anders zu liegen. Ich sitze hier vor einer großen Excel-Tabelle, um die Terminwünsche der Studierenden mit den Terminmöglichkeiten der Beisitzenden zu verbinden. J.L.

Kommentar vom 2020-07-03, 12:17

Bringschuld ist vermutlich das ideale Wort zur Beschreibung! Denn wer es wagt, als Student die ehrbaren, ungemein beschäftigten Profs, die an wichtigen, nein, weltbewegenden drittmittelfinanzierten Forschungsprojekten einer Elite-Uni arbeiten, mit solchen Profanitäten zu belasten, hat sowieso seine Karriere verwirkt. Hingegen klingt die Beschreibung des Modus "Prof füllt Excel Tabelle*" aus, quasi wie ein All-Inclusive-Angebot ;-), herrlich. Aber vermutlich verpasst man da irgendwelche Kommunikations-Kompetenzen, wenn man die Koordination seiner Prüfungstermine anderen, in der Prüfungsorganisation Routinierten überlässt. :-) Diese Feststellung, dass Organisation und Management des eigenen Studium quasi mehrere Modulbausteine umfassen, ist ja nicht neu, ebenso wie Heften, Lochen, im Altpapier Entsorgen.
* Apropos: Gibt es bei Ihnen noch keinen Prüfungsdoodle? ;-)

Kommentar vom 2020-07-03, 16:40

@Kommentator(in) von 12:17: Haargenau. Die bisher noch oft ungeschriebenen Kompetenzen des Selbstmanagements (Bildungsziel: das neoliberale Individuum) werden damit nicht mehr hinreichend abgeprüft. – Das Prüfungsdoodle ist aus Datenschutzgründen der DFN-Terminkalender. Aber der kann nicht die Komplexität wegautomatisieren: Es gibt viele Studierende mit jeweils mehreren Prüfungen bei mir und es gibt für meine sechs verschiedenen Module verschiedene Beisitzer mit jeweils verschiedenen Terminmöglichkeiten und dem verständlichen Wunsch, jeweils möglichst viele Prüfungen en bloc zu machen. Sudoku! J.L.

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