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Die Blog-Postings sind Kommentare im Sinne von § 6 Abs. 1 MStV. Der Verfasser ist Jörn Loviscach, falls jeweils nicht anders angegeben. Die Blog-Postings könnten Kraftausdrücke, potenziell verstörende Tatsachenbehauptungen und/oder Darstellungen von Stereotypen enthalten. Die Beiträge der vergangenen Wochen werden als Bestandteil der Internet-Geschichte in ihrer ursprünglichen Form gezeigt. Menschliche Autor*innen können unzutreffende Informationen über Personen, Orte oder Fakten liefern.
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2023-07-16 17:51
An der Tutoring-Software – hier wie immer vor allem zur Schulmathematik – lässt sich mikroskopisch messen, wie schnell Menschen lernen. Und zwar "schnell" im Sinne eines hohen Werts dieser Größe: (Änderung von (Logarithmus(relative Häufigkeit des Könnens / relative Häufigkeit des Nichtkönnens))) / Zahl der Lerngelegenheiten. Also nicht: Zahl der pro Jahr abgeschlossenen Kurse. Vorsicht, liebe Qualitätsmedien!
An Astonishing Regularity in Student Learning Rate
Weil Lernen so schwer zu zählen ist (siehe Tab. 1, take that, Ihr, die Ihr etwas von "80 % des Wissens erwirbt man durch …" fabuliert), wird in diesem Paper vorab die Zahl der Wissenskomponenten statistisch gefittet – was nicht unproblematisch ist, weil so die Daten in der Auswertung zweimal verwendet werden; S. 3 des Anhangs kann diesen Einwand ausbügeln. Ich würde eher bezweifeln, dass es atomare Wissenskomponenten gibt, erst recht außerhalb der Mathematik. Nebenbei wird der Begriff "Lerngelegenheit" oder auch "Übungsgelegenheit" nicht präzise definiert; ich nehme an: Aufgaben im elektronischen Kurs.
Wie dem auch sei, kommt heraus, dass zwar das Anfangswissen/-können stark von Person zu Person schwankt, die Lernrate aber recht gleichmäßig ist: Die Größe in der Formel oben hat zwar über alle Kurse ein 95-%-Konfidenzintervall von 0,08 bis 0,22; in jedem einzelnen Kurs soll sie aber von Person zu Person nicht stark variieren. Als Beleg dafür hätte ich oben in Fig. 3 und 4 gerne die echten Datenpunkte gesehen, nicht die Regressionsgeraden.
Die Autor*innen wundern sich, wie es denn dann (gefühlt?) langsame und schnelle Lerner*innen geben kann. Sie bringen dazu einige Ideen ein, aber mir fehlt der Zinseszins-Gedanke: Kleine Unterschiede im Zinssatz führen über die Zeit zu drastischen Unterschieden im Kapital.
Nach der anfänglichen frontalen Erklärung gibt es um die zehn Übungsaufgaben Differenz im Vorwissen: "[W]e observed much larger differences in initial performance, with the bottom half of initial performance being about 10 opportunities behind the top half (13.13 to 3.66)." (S. 7) Wo ich eben von Zinszins geschrieben habe: Ratet mal, wer nicht zum Tutorium erscheint.
Und das alte Lied, nun mit Zahlen: "That up-front lectures and readings seem to produce limited performance accuracy is surprising given the great efforts educators continue to put into producing lectures and texts and given that most learners advocate explicit learning as the best way to learn […]." (S. 9)
Es lebe das protestantische Arbeitsethos: "Our evidence suggests that given favorable learning conditions for deliberate practice and given the learner invests effort in sufficient learning opportunities, indeed, anyone can learn anything they want." (S. 10)
Kommentar vom 2023-07-17, 12:44
Macht es nicht vielmehr eine Aussage über das didaktische Konzept eines Kurses, wenn man quantifizieren kann, dass im Mittel konstante Lernraten erreicht werden? So, wie bei einer Straße mit konstanter Steigung auch eine konstante Durchschnittsgeschwindigkeit rauskommen sollte? Bleibt die Frage, ob man nicht eher Brachistochronen anstrebt ...
Gruß (dg)
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