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Der*dem Ingenör*in ists zu schwör

2024-05-10 22:26

In Kooperation von VDE und den Verbänden der einschlägigen Uni-/FH-Fakultäten/Fachbereichen hat das Internationale (!) Zentralinstitut (!) für das Jugend- und Bildungsfernsehen des Bayerischen Rundfunks eine Studie veröffentlicht: „Das war einfach sauschwer" Das Studium der E-Technik.

Methode: Onlinebefragung (S. 12). Rücklaufquote: Kann ich nicht finden. Repräsentativität: Kann ich nicht finden. Wie üblich heißen die Antwortenden verwirrenderweise Befragte. Ähnlich auch bei der anderen Stichprobe auf S. 50.

Von den Studienanfänger*innen (n=835) haben neun von zehn das Fach gewählt, weil […] Nein, sie sagen das, aber ob es stimmt, wissen sie vielleicht nicht mal selbst. Auch dieses Problem zieht sich wie üblich von vorne bis hinten durch.

MakersSpace (S. 14f) ist eine Schreibweise, die ich noch nie gesehen habe.

Studienanfängerinnen […] sind sich ihres eigenen Talents durchschnittlich weniger bewusst. (S. 15) Woher wissen die Autor*innen, wie es tatsächlich um das Talent steht?

Über einem Balkendiagramm (S. 16), das erst so aussieht wie ein prozentuale Verteilung der Inhalte auf die Unterrichtszeit, steht: Auswahl der fünf zentralen Inhalte, nach Studienerfahrung. Am besten ist der Inhalt Viel Mathematik.

Einblick in den aktuellesten Stand der Technik (S. 18f) Zu meinem Zeiten konnte man aktuell so wenig steigern wie schwanger.

Sehr überraschend: Studienanfänger*innen halten ihre ehemaligen Schulfächer Ethik und Sozialkunde nicht für wichtig (S. 20f). Aber wir arbeiten ja daran, das zu ändern.

Nehmt dies! (hier das Batman Slapping Robin Meme vorstellen) Stattdessen nehmen Studierende der Elektrotechnik als die zentral erlebte Kompetenz für dieses Studium ‚Durchhalten‘ wahr. Dies spricht nicht für ein Curriculum, das auf modernen Lerntheorien aufbaut und um die Bedeutung von Begeisterung und Faszination im Lernprozess weiß. (S. 24) Man hätte ja auch sagen können: Wow, wenigstens das klappt noch, denn Durchhaltevermögen ist das Allerwichtigste, was man im Job braucht, zumindest wenn man in einer intellektuell anspruchsvolleren Entwicklungsabteilung und nicht im Vertrieb landet.

Es liegt die Vermutung nahe, dass das Studium der Elektrotechnik schwierig und herausfordernd ist und eher einer schweren Last gleicht als einem spannenden Lern- und Entwicklungsprojekt. (S. 27) Das könnte vielleicht am Fach liegen? Germane cognitive load und so.

Erste Vorlesung besucht, festgestellt, dass das mir tatsächlich zu technisch [und] einfach zu schwierig ist, in den Hinsichten, was sie in Physik, Mathematik gefordert haben. (S. 59) – Schade, dass man vorab gar keine Vorlesungen auf YouTube gucken kann, um eine Idee davon zu bekommen.

Für einige ja, für andere nein (Antworten nahe der Normalverteilung) (S. 76) Wie kann man mit zwei Möglichkeiten annähernd eine Normalverteilung haben?

[F]ür mehr als die Hälfte der Befragten gab es zu wenig betreute Seminare (S. 93) Das finde ich spannend, wenn ich mir die Anwesenheitsquote in Seminaren und Tutorien ansehe.

Rund die Hälfte der Befragten [also eigentlich der Antwortenden, Anm. jl] konnte kein Beratungsangebot von Seiten der Hochschule finden. (S. 101) Wir müssen an den 21st Century Internet-Skills arbeiten! Obendrein scheint es nicht klar zu sein, dass man sich einfach per Mail (wenn auch nicht per WhatsApp) an die Profs wenden kann. Ich würde antworten.

Visuelle Kommunikationstechnik ist wohl Visuelle Technikkommunikation (S. 104). Nebenbei Kudos für diesen Studiengangsnamen, der auf den ersten Blick so toll nach MINT aussieht.

Etwa sieben von zehn Befragten [also Antwortenden, Anm. jl] sagen, der Stoff wurde fast ausschließlich frontal vermittelt (S. 129) Das kann ich bestätigen; allerdings machen es sich die meisten Student*innen auch sehr bequem in dieser Lehrform und sind nur schwer zu eigenständiger Arbeit zu motivieren (Beispiel: für die Präsenzphase vorbereiten?!).

[Z]u wenig Projekt- und Teamarbeit (S. 134) Ich liebe ja Projektarbeiten, weil dann eine Person programmiert (also ChatGPT 3.5 fragt) und drei Personen die Hintergrundmusik für die Abschlusspräsentation suchen. Aber Scherz beiseite. Wenn man Projekte vernünftig machen wollen würde, müssten die gnadenlos Lehrkapazität für Kleingruppenbetreuung fressen.

Und wieder Batman und Robin: An dieser Stelle sei noch einmal auf die notwendige Reflexion des Curriculums hingewiesen. Wenn sich selbst Menschen mit einer Eins oder Zwei im Leistungskurs Mathematik und Physik nicht als handlungsfähig erleben können, zeigt dies die Notwendigkeit einer grundlegenden Reflexion. Woran sollen sich die Schüler*innen orientieren, wenn nicht an ihren Noten und ihren Interessen zu Schulzeiten? (S. 153) Das wäre aber doch eine Frage an die Schulen und an die Kultusministerien? [Nachtrag: Aaankreeeuuuzkompeteeenz in der kompeteeenzorientiiieeerten ääästerreichiiischen Mathemaaatik-Matuuura]

[S]ollten bereits vor Studienbeginn klare Hinweise und Warnungen ausgesprochen werden (S. 159) Das wird in Zeiten leerlaufender Studiengänge wohl niemand machen. Außerdem werden gerade die Vorsichtigen eher als die Draufgänger*innen abgeschreckt werden.

Der an mehreren Stellen eingeforderte frühe Praxisbezug hört sich in der Theorie gut an. Wenn man aber dann wirklich Wechselstromtechnik in der Mathematik und die Abfrage des Marktstammdatenregisters in der Informatik macht, dann explodieren die Köpfe (Cognitive Overload).

Vorkurse kommen nur am Rande vor (S. 110). Die sind ja ein Mirakel, weil gerade die Student*innen, welche die benötigen würden, eher nicht teilnehmen.

Um die Attraktivität des Berufsfelds für mehr Menschen sichtbar zu machen (rückseitiger Umschlag) Das Berufsfeld ist also per se attraktiv; man muss das nur den Menschen verkaufen!

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