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Die Blog-Postings sind Kommentare im Sinne von § 6 Abs. 1 MStV. Der Verfasser ist Jörn Loviscach, falls jeweils nicht anders angegeben. Die Blog-Postings könnten Kraftausdrücke, potenziell verstörende Tatsachenbehauptungen und/oder Darstellungen von Stereotypen enthalten. Die Beiträge der vergangenen Wochen werden als Bestandteil der Internet-Geschichte in ihrer ursprünglichen Form gezeigt. Menschliche Autor*innen können unzutreffende Informationen über Personen, Orte oder Fakten liefern.
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2021-12-29 12:22
Wenn Ulrike Herrmann in ihrem Vortrag vehement (11:34) gegen den Gedanken wettert, dass ein erblicher IQ (der schon für sich genommen ein hochproblematisches Konstrukt ist) die Schichtenzugehörigkeit bestimme, aber dann "den Mittelschichten" (Plural?!) bescheinigt (24:48), dass sie sich "besonders dämlich" anstellen, hört sich das für mich wie ein klarer Widerspruch an. ;-)
Leider wird mir im Vortrag auch nicht klar, was jeweils mit "Mittelschicht" gemeint ist: die rechnerische Mittelschicht – oder aber die Menschen, die sich ganz vornehm für Mittelschicht halten, aber rechnerisch zur Oberschicht gehören. Nebenbei hier ein Tipp zur Selbsteinschätzung.
Dass die Reichen relativ zu ihrem Einkommen am wenigsten Abgaben haben (1:15:58), ist unwidersprochen; allerdings würde es sich gehören, zu fragen, warum es hier um die relativen Abgaben geht statt um die absoluten. (Man glaubt gar nicht, wie viel Mehrwertsteuer in so einer Yacht steckt! Das frisst einem die Haare vom Kopf!) Auch müsste man die Effekte zweiter Ordnung diskutieren: Was ist, wenn die Eigentümer*innen, Manager*innen und Fußballer*innen einfach alle nach Monaco auswandern? Oder nach Luxemburg, um in der EU zu bleiben?
Viele der Ideen scheinen mir schon bei Cornelia Koppetsch vorgekommen zu sein (deren Chancen auf ein Minister*innenamt steigen und steigen).
Aus dieser politischen Richtung überrascht mich allerdings die Feststellung (42:47), dass der Bildungsaufstieg eine Illusion sei, weil trotz höherem formalen Bildungsniveau die Reallöhne nicht steigen, obwohl die Unternehmensgewinne explodieren. Wie wäre mein Erklärungsmodell, dass zwar die formalen Abschlüsse hochwertiger sind, dass man sie aber in PowerPoint-Vorlesungen über weltferne Themen und mit fadenscheinigen Prüfungen erlangt hat?
Stichwort Hochschulbildung: Lernt man nicht im ersten Semester die Geschichte mit den vier Arten an Skalen: nominal, ordinal, Intervall, Verhältnis? Wie kann dann Frau Herrmann auf den Gedanken kommen, dass, wenn der IQ das Vermögen bestimmen würde, die Reichen "fünfzigmal so intelligent" (13:19) sein müssten wie Normalbürger*innen und "dass das oberste eine Prozent einen IQ von weit über 10.000 haben müsste" (23:58). Wie peinlich! Vielmehr ist es so, dass ein winziger Unterschied in der Intelligenz zu einem massiven Effekt führen kann – wenn man nur hinreichend viele Runden von (spieltheoretischen) Spielen mit multiplikativem Effekt (Zinseszins) spielt.
Ich selbst vermute, dass sich die Intelligenz (was auch immer die messtechnisch sein mag) nicht so stark auswirkt wie der Zufall (zur richtigen Zeit am richtigen Ort mit den richtigen Eltern) und das dreiste Draufgänger*innentum. Gibt es zu Letzterem eigentlich eine psychologische Kennzahl? Wenn nein, warum nicht?
Wer UStG, UWG, UrhG, DSVGO ausbuchstabieren kann, ist definitiv nicht auf dem Weg zu ihrer*seiner ersten Milliarde. Allerdings haben haben dreiste Draufgänger*innen ein hohes Risiko, wenn ihnen das Glück nicht ständig und seit jüngsten Jahren hold ist. Vielleicht schieben einige Menschen mit den gleichen Persönlichkeitsfaktoren ihr Hab und Gut im Einkaufswagen durch Santa Monica; aber wir gucken immer nur (survivorship bias) auf die Musks und Bezos' dieser Welt.
Kommentar vom 2021-12-30, 02:26
Ich hab mal nachgeschaut ... Meine Frau und ich sind mit drei Kindern trotz Hochschulabschluss in MINT und Ausbildung im Gesundheitswesen unter den "Paaren mit Kind" in Deutschland unterhalb des Durchschnitts. Das wundert mich nicht, zeigt wieder deutlich, dass Studieren sich nicht mehr so lohnt wie noch vor einigen Jahren. Leider sind die Vergleichsmöglichkeiten etwas schwach beim Spiegel. Mir fehlt das Alter; und wie viele Kinder hat die Kategorie "Paare mit Kind"? Wahrscheinlich sind alle dabei, was wieder deutlich zeigt, dass Kinder ein finanzielles Desaster bedeuten, wenn es mehr als 1,25 sind. Ein Schelm, der dabei an Absicht denkt. Schön in diesem Zusammenhang auch zu sehen: das niedrige Einkommen von Migranten. Aber zum Glück gibt es in Deutschland ja kein Kastensystem wie in Indien ;-). Naja, bei so wenig Kindern stirbt diese Schicht [Hier scheint wegen des folgenden Satzes die Mittelschicht gemeint? Anm. J. L.] statistisch gesehen dann ja langsam aus ... Ob es gut für ein Land ist, so viel Bildung mit ins Grab zu nehmen? ¯\_(ツ)_/¯
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